Das Nahostproblem hat seinen Sitz in Teheran

Dr. Frank-Walter Steinmeier (FWS), Thomas Oppermann und andere Lichtgestalten der Außenpolitik unseres Landes haben mit der SPD-Fraktion einen Antrag formuliert, der intimste Kenntnisse der Nahost-Problematik verrät und gleichzeitig den einzig richtigen Weg zu deren Lösung aufzeigt. Der israelische Siedlungsbau muss aufhören. Direkte Friedensgespräche sollen beginnen. So macht man das. Und schon wird alles gut. Nicht ganz neu und der Begriff „Friedensprozeß“ ist wohl auch der größte Euphemismus unserer Zeit. Aber für ein paar wohlwollende Schlagzeilen in den nur allzu gerne Platitüden multiplizierenden Massenmedien ist dieser „Antrag“ immer gut.

Ich möchte hier nicht den Eindruck erwecken, ich hegte, was die Aussenpolitik angeht, eine besondere Abneigung gegen den sich stets staatstragend gerierenden FWS und seine Genossen. Dessen aussenpolitische Reflexe bewegen sich zwar zuverlässig auf dem Niveau eines Gymnasiasten, der nach zweistündiger Wikipedia-Recherche einen Besinnungsaufsatz über die „Nahost-Problematik“ verfasst. Aber sie sind keineswegs erschreckender als die des im Auswärtigen Amt irrlichternden Aussenministers W. Dieser geht auf eine iranische Erpressung ein (Freiheit für zwei Springer-Journalisten für einen PR-Besuch) und wertet das Mörder-Regime in Teheran auf, indem er Ahmadinedschad coram publico die Hand schüttelt.

1938 all over again. Chamberlain-Helfershelfer-Hitler.

1938 all over again. Chamberlain-Helfershelfer-Hitler.

Er instrumentalisert die Bundesbank für einen Öl-Deal zwischen dem Iran und Indien und leistet damit wohl Beihilfe zur Verletzung von UN-Sanktionen und ist postwendend unterwegs zum nächsten größten Fettnäpfchen im Sudan, um sich dort bei dem Regime des vom Kriegsverbrechertribunal in Den Haag mit Haftbefehl gesuchten Staatschefs Al-Bashir als „ehrlicher Makler und Mittler“ anzudienen. Ach ja. Die Libyen-Abstimmung bei der UN. Und die US-Atomwaffen, die deutschen Boden kontaminieren. Bei diesem Bild des Schreckens neigt man zu dem Fehler, die genschersche Aussenpolitik positiv zu beurteilen.

Es ist zum Verzweifeln, dass die Laiendarsteller, die die Richtlinien der deutschen Aussenpolitik bestimmen, demnach auch nicht erkennen, dass im Nahen Osten gerade jetzt der ganz grosse Jackpot im Spiel ist. Während die Nato mangels entschlossener amerikanischer Führung in Libyen deutlich macht, dass sie nicht einmal in der Lage ist, einen Kameltreiber aus seinem Wüstenzelt zu bomben, findet in Syrien ein Aufstand statt, dessen Erfolg für einen revolutionären Wandel im Nahen Osten enorme Optionen bieten würde.

Es ist nicht nur ein Gebot der Humanität, die ja angeblich auch die Hauptmotivation hinter dem Libyen-Einsatz war, den Aufständischen in Syrien zu helfen. Es ist im nationalen Interesse eines jeden freiheitlichen, demokratischen Staates, ein schnelles Ende des Assad-Regimes herbeizuführen. Derweil dominieren in dieser Frage Appeasement und strategische Blindheit, wenn nicht gar unappetitliche Anbiederung. Wer die Geschichte des Massakers von Hama kennt, der weiß einzuschätzen, welchen enormen Mutes es bedarf, sich gegen die Mörder-Mafia in Damaskus und ihre Helfer in Teheran zu erheben. Die Regierungen in Damaskus und Teheran sind Feinde des freien Westens. Sie sind keine Reformer und werden nie welche sein. Sie unterstützen einander. Ein Regime zu schwächen oder zu stürzen hieße, das andere zu stürzen oder zu schwächen. Fällt Assad, ist die Hamas geschwächt, die ihr Hauptquartier in Damaskus hat. Ist die Hamas geschwächt, gilt dies auch für deren Terrorkader im Gaza-Streifen, die Gilad Shalit gefangen halten (an dessen Freilassung der SPD ausweislich ihres Antrags ja gelegen ist), Israels Zivilisten bombardieren und einem Frieden mit dem jüdischen Staat im Wege stehen (ein Blick in ihre Charta, die u.a. die Vernichtung Israels anstrebt, ist eine prima Wochenendlektüre für deutsche Aussenpolitiker).

Der Fall von Assad würde auch die Hisbollah (eine vom Iran aufgebaute Terrororganisation, die mittlerweile in der libanesischen Regierung sitzt) schwächen, die ihre Waffen aus dem Iran über Syrien erhält. Und dem Iran würde eine wichtige Machtsäule verloren gehen. Die Fernsteuerung syrischer Politik und die Einmischung im Libanon mittels ihrer Tochtergesellschaft Hisbollah würde leiden oder unmöglich werden.

Mit anderem Worten: Dieser Moment ist zu ergreifen, jede denkbare diplomatische und ökonomische Maßnahme um dem Terror des Assad-Regimes ein  Ende zu bereiten.

Neben dessen Morden und der Folter an der Zivilbevölkerung gibt es einen weiteren aktuellen Ansatzpunkt. Denn soeben hat das UN-Tribunal, das den Mord an dem früheren libanesischen Regierungschef Hariri aufklären soll, der libanesischen Regierung vier Haftbefehle gegen Hisbollah-Mitglieder ausgehändigt. Der Leiter der internationalen (UN-) Untersuchung des Mordes an Hariri, Detlev Mehlis, hat öffentlich erklärt, dass die Ermordung von Assad angeordnet worden sei. Führt diese Erklärung, der Mord und die Folter zu massiven Reaktionen des Westens?

„Wir kamen – und so haben wir das auch in unseren Berichten niedergelegt – zu der Überzeugung, dass Angehörige des syrischen Regimes mit in diesen Anschlag auf den libanesischen Premierminister involviert waren, und aufgrund der Struktur des syrischen Regimes ist es letztlich undenkbar – und das ist übrigens auch von Zeugen bestätigt worden -, dass so etwas zumindest ohne Kenntnis des Präsidenten geschehen konnte.“

Europa und die USA müssen Assad weiter isolieren, die Aufständischen auch geheimdienstlich unterstützen und die aktuelle Schwächung des Regimes unbedingt ausnutzen um Assad zu stürzen. Wenn der Iran seinen einzigen arabischen Verbündeten verliert, könnte dies den Fall der Mullahs beschleunigen. Und dies ist das eigentliche Ziel für jeden, der tatsächlich an der Lösung des Nahost-Problems gelegen ist. Das Nahostproblem hat seinen Sitz in Teheran. Es hat nichts mit Siedlungsbau zu tun. Und es gilt, diese besondere Chance zu nutzen, die die heldenhaften Frauen und Männer des „arabischen Frühlings“ herbeigeführt haben. Und sie nicht noch einmal zu verspielen, wie im Sommer 2009, als die Obama-Adminstration bei den Aufständen im Iran nach den gefälschten Wahlen schmählich versagte.

© Joachim Nikolaus Steinhöfel 2011


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