Hamburg: Strafvereitelung in der Innenbehörde

Wenn man als politisch Verantwortlicher die gesamte Polizei eines Bundeslandes schriftlich und ohne jede Rechtsgrundlage anweist, Straftaten massenhaft ungeahndet zu lassen, so ist das ein bemerkenswerter Vorgang. Strafvereitelung wird nicht umsonst mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren bestraft.

Hauke Carstensen ist der persönliche Referent des Hamburger Innensenators Michael Neumann (SPD). Er hat am 07. September 2015 um 18:30 Uhr eine E-Mail (Betreff: „Strafbarkeit der Einreise aus Ungarn? m.d.B.u.. Vollzugsinformation der Polizei“) verfasst, mit der ich mich zuvor in „Hamburger Polizei wird schriftlich zur Strafvereitelung angewiesen“ beschäftigt habe. Und die genau die oben beschriebene Anweisung darstellt. Seine Mail war eine Reaktion der Hamburger Innenbehörde auf das Agieren der Kanzlerin im rechtsfreien Raum. Merkel hat für Deutschland bekanntlich Anfang September den „Tag der offenen Tür“ ausgerufen und das Dublin-III-Abkommen ohne parlamentarische Billigung oder sonstige rechtliche Befugnis im Alleingang außer Kraft gesetzt, um 20.000 Flüchtlingen aus Ungarn den Zugang nach Deutschland zu eröffnen. Es ist ganz überwiegend wahrscheinlich, dass sich auch die Kanzlerin strafbar gemacht hat. Unser Fall beleuchtet aber, wie es sich auf Landesbehörden bis zum Polizeibeamten auf der Straße auswirkt, wenn der Fisch vom Kopf her stinkt.

Nach § 14 AufenthG ist die Einreise eines Ausländers in das Bundesgebiet unerlaubt, wenn er einen erforderlichen Pass, Passersatz oder Aufenthaltstitel nicht besitzt. Verstöße gegen diese Vorschrift sind strafbar (Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe). Natürlich ist jeder Polizist dienstverpflichtet, auch solche Straftaten zu verfolgen.

Mit Carstensens Vollzugsinformation (Dienstanweisung) wird die gesamte Hamburger Polizei angewiesen, diese Straftaten untätig geschehen zu lassen. Sie bringt auch jeden Polizeibeamten in eine äußerst prekäre Lage. Befolgt der Beamte die offenkundig rechtswidrige Anweisung, läuft er Gefahr, sich selber strafbar zu machen, tut er es nicht, gerät er dienstlich unter Druck.

Am 10. September 2015 um 19:08 Uhr erhielt ich dann eine Mail von der „Behörde für Inneres und Sport – Senatorenbüro“. Verfasser war Herr Carstensen. In diesem Schreiben reagiert er auf meine Anfrage zu seiner Mail und behauptet:

Es handelt sich bei den Inhalten weder um eine Anweisung noch Vollzugsinformation für die Hamburger Polizei!! Der Inhalt zielt vielmehr auf eine genaue Prüfung durch die Polizei zur dargelegten Thematik ab. Dieser Kontext liegt Ihnen offensichtlich nicht vor. Die Inhalte meiner Mail wurden absprachegemäß für eine formal-juristische Prüfung durch das Justiziariat der Polizei („P/J“) und die Staatsanwaltschaft Hamburg zum Gegenstand gemacht, um hier Rechtsklarheit und Rechtssicherheit zu gewährleisten. Die Prüfung dazu ist seit dem 08.09. bei der Staatsanwaltschaft Hamburg anhängig; eine Stellungnahme steht mithin noch aus.“ Hervorhebungen durch den Autor

Zu diesem Zeitpunkt lag mir lediglich das Bildschirmfoto der Mail von Carstensen vor. Auf eine weitere Nachfrage erhielt ich von ihm lediglich die Information, „dass ich aufgrund anhängiger Verfahren keine weitere Stellungnahme abgeben werde.“ Es ist anzunehmen, daß es aufgrund meines ersten Textes Anzeigen wegen Strafvereitelung gibt, die in der Behörde offenbar ernst genommen werden.

Durch ein Herausgabeverlangen nach dem Hamburgischen TransparenzG habe ich die relevante Unterlage vom Justitiariat der Hamburger Polizei dennoch erhalten, die Vollzugsinformation J 211/22.21-3, 12 v. 8.9.2015 nämlich. Diese Vollzugsinformation wurde am 08. September um 09:14 Uhr morgens an alle relevanten „Vollzugsdienststellen der Polizei auftragsgemäß“ verbreitet. Gegenstand ist „die nachstehende E-Mail der Behördenleitung vom 07.09.2015 (18:30 Uhr) zur Kenntnis und Beachtung“. Die E-Mail der Behördenleitung ist die von Carstensen.

Drei Arbeitstage später, am 10.09.2015 um 19:08 Uhr schreibt mir Carstensen: „Es handelt sich bei den Inhalten weder um eine Anweisung noch Vollzugsinformation für die Hamburger Polizei!!“

Die „Inhalte“ lagen zu diesem Zeitpunkt als Vollzugsinformation seit drei Arbeitstagen allen „Vollzugsdienststellen der Polizei“ in Hamburg vor.

Einerseits hat Carstensen mich angelogen. Andererseits ist ein Rechtsstaat vollständig in Auflösung begriffen, wenn die Regierungschefin im Wahn der Weltenrettung zur obersten Rechtsbrecherin mutiert ist.

Letztlich ist, und das betonen die Ministerpräsidenten und deren Innenminister bei jeder passenden Gelegenheit, Polizei Ländersache. Weder die Bundeskanzlerin noch ihr Innenminister haben insoweit für Hamburg irgendein Weisungsrecht. Die politische Verantwortung für den hier dokumentierten Skandal trägt Innensenator Neumann. Ein Rücktritt wäre die einzige angemesse Reaktion. Dass dies nicht geschieht, dürfte auch mit dem zusammenhängen, was ich als „Sozialdemokratisch-Medialen Komplex“ bezeichne. Die Hamburger Medien haben diesen lückenlos dokumentierten Vorgang nirgendwo aufgegriffen. Sie schweigen ihn tot. Und Neumann bleibt im Amt.

© Joachim Nikolaus Steinhöfel 2015

Kommentar abgeben

Weitere Informationen und Widerrufshinweise finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.

Kommentare

  1. Namron

    Auf dem Screenshot steht eindeutig “ eine Erlaubnis der B u n d e s r e g i e r u ng“
    und dies wäre auf einem Status sui generis erfolgt durch die Bundesregierung das bedeutet dies stammt nicht allein von Neumann , sondern von der Bundesregierung und in diesem Fall ist es ein Verstoß gegen das Grundgesetz § 20 Abs. 1 -3 des Grundgesetzes. Denn durch einen Status sui generis den es nur in konstituonellen und totalitären Diktaturen gibt und damit einen Verstoß und Rechtsbruch gegen das Deutsche Grundgesesetz begangen wurde einen Bruch des Grundgesetzes und der Grundgesetzlichen und verfassungsmäßigen? Ordnung und dass außer Kraft setzen und Abschaffung unseres Rechtsstaates. Durch entweder totalitärer Diktatur und oder konstituioneller Diktatur als eigenständigen politischen Systemtypus sui generis ! Hier handelt es sich um einen Angriff auf die grundlegende Ordnung, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit !

    In der Politikwissenschaft ist bekannt das die funktionsweise politischer Ordnungen
    außer Kraft gesetzt werden durch Machtbestreben “ durch einen STATUS SUI GENERIS “ konstitionelle Diktaturen und totalitäre Diktaturen entstehen durch die Prozesse der Moderne im 20 Jahrhundert ( pol. wiissenschaftl. Armin Glazmeier und andere ) Gewichtigstes Argument ist nach wie vor , das die kommunist. und vorallem die NS — Diktatur ein Phänomen sui generis darstellt . Durch einen Status sui generis werden faktisch ( ich allein, Einzigartig/Einzigartige Diktatur/Macht / Despotismus ) , alle Rechtsformen werden ignoriert und außer Kraft gesetzt ! Weil sie auf Diktatur und Despotismus beruht .
    Diesbezüglich habe ich auch eine Klage gegen 3 Minister und weitere schon vor Wochen eingereicht diese Sache kann nicht vom Tisch sein.

  2. Zuckerhut

    Die Flüchtlinge flüchten nur vor dem Krieg. Sie flüchten und flüchten und flüchten durch viele sichere Länder, bis sie endlich in Deutschland in Sicherheit sind.
    Mama Merkel hat gerufen und sie sind gekommen.
    Jetzt können sie von hier aus in Paris vorgehen.
    Wir schaffen das schon, so Merkel.

  3. Fenris

    Über die Frontverläufe in Syrien bin ich bestens im Bilde. Die für jedermann ohne großen Aufwand erreichbaren Informationen dazu sind einschlägig. Sie sollten sich besser informieren und hier nicht einfach nur das dumme Gequatsche und Geschreibsel aus den antideutschen Qualitätsmedien nachbeten.

    Das Institute for the Study of War (ISW) mit Sitz in Washington DC, sicher also kein Putinversteherblog, bietet Ihnen täglich aktualisierte, bis ins Detail gehende Karten und Erklärungen dazu:

    http://iswresearch.blogspot.de/search/label/Syria

    Die russischen Luftschläge konzentrieren sich darauf, die Landbrücke (man sollte besser von einer Versorgungsbrücke sprechen) zwischen der Türkei und ISIS zu zerstören, dort ist der Hauptkampfplatz. Im Großteil der bewohnten/ bewohnbaren Gebiete Syriens finden keine Kriegshandlungen statt. Man kann diese geschlossenen Gebiete aus Syrien heraus auf jeden Fall schneller und sicherer erreichen als eine Reise übers Mittelmeer oder durch ein halbes Dutzend sicherer Drittstaaten zu unternehmen. Wenn man sich als Syrer nicht sowieso schon dort befindet, denn nur der kriegsfreie westliche Teil am Mittelmeer ist für Menschen bewohnbar. Im Osten befindet sich eine riesige Wüste.

    map vom 12. November: http://tinyurl.com/o4nmhvx

    Im übrigen müssen Sie sich schon entscheiden: Nach Lesart der Bundesregierung sind schließlich auch die von den „gemäßigten Oppositionellen“ gehaltenen Gebiete ein Hort des Friedens.

  4. Lieber Fenris

    Haben Sie mal eine Karte von Syrien angeschaut? Niemand weiß wo die Fronten verlaufen, die Kreuz und Quer durchs Land laufen. Glauben Sie man kann da einfach durchlaufen, in die „sicheren“ Teile? Oder sollen die alle in die eh schon hoffnungslos überfüllten Lager im Norden, damit sich anschliend gleich wieder welche auf den Weg machen?

  5. Fenris

    @ Robert H.
    Ich erlaube mir, Ihnen darauf eine unmißverständliche Antwort zu geben: NEIN!

    In § 4 AsylG sind die möglichen Gründe für die Gewährung eines subsidiären Schutzes und auch die für die Nichtgewährung klar geregelt:

    § 4 (3) Die §§ 3c bis 3e gelten entsprechend.
    An die Stelle „der Verfolgung, des Schutzes vor Verfolgung beziehungsweise der begründeten Furcht vor Verfolgung“ treten „die Gefahr eines ernsthaften Schadens, der Schutz vor einem ernsthaften Schaden beziehungsweise die tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schadens“; an die Stelle der Flüchtlingseigenschaft tritt der subsidiäre Schutz.

    § 3e AsylG – Interner Schutz

    (1) Dem Ausländer wird die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt, wenn er

    1.in einem Teil seines Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung oder Zugang zu Schutz vor Verfolgung nach § 3d hat und

    2.sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt.

    Große Teile Syriens sind sicher und stehen unter dem Schutz des Staates.
    Dort findet keine Verfolgung statt.

  6. Robert Hartmann

    Aber subsidiären Schutz darf die BRegierung gewähren. Auch nach dem Aufenthaltsgesetz, oder? Herr Steinhöfel?

  7. Martina Maier

    Unglaublich solche Zustände. Ich weiß gar nicht, warum wir überhaupt noch Gesetze haben, wenn sogar die Politiker die einfach „so“ ausser Kraft setzen dürfen?