Der Sozi aus der Muppet-Show – Ein Portrait von Ralf Stegner

Von Michael Klonovsky

Vor kurzem fragte mich die Junge Freiheit, ob ich einen Artikel über Ralf Stegner schreiben wolle resp. könne. Angesichts der Tatsache, dass Ludger Lütkehaus ein ganzes Buch über das Nichts zustandegebracht hat, stellte ich mich kühn der sogenannten Herausforderung und brachte Folgendes quasi zu Papier:

Im Grunde kann ein Artikel über Ralf Stegner nur mit dem Satz beginnen: Zu Ralf Stegner fällt mir nichts ein. Niemandem fällt zu Ralf Stegner etwas ein. Nicht einmal Ralf Stegner selber.

Bevor die AfD auf der politischen Szenerie erschien, wusste kaum ein Mensch, wer Ralf Stegner ist. Inzwischen hat sich der Sozialdemokrat als eine feste Größe im Talkshow- und Twitter-Zirkus dieser Republik etabliert. Sein hölzernes Gesicht mit den nach unten gezogenen Mundwinkeln ist zur Marke geworden, zu einer Art Emoji. Stegner erscheint wie eine Commedia dell’arte-Figur, die sich im Jahrhundert und im Genre geirrt hat.

Den Aufstieg in die Glamourwelt des Gefragtseins und sogar -werdens verdankt Stegner den rechtspopulistischen Schwefelbuben, deren Bekämpfung er mangels anderer Alternativen zu seiner Obsession erklärt hat. Und auch die „rechtsextreme AfD-Bande“ oder „die AfD-Idioten“, wie er sie liebevoll nennt, profitieren von der symbiotischen Anhänglichkeit ihrer sozialdemokratischen Klette: Von Stegners Genossen Heiko Maas abgesehen, besitzen sie zur Zeit keinen verlässlicheren Wahlkämpfer als den stellvertretenden SPD-Bundesvorsitzenden und Wiedergänger des Mr Beaker („Mimimi“) aus der Muppet-Show.

Ralf Stegners alter ego

Das wirklich Drollige, ja Hochkomische an der Konstellation Stegner-AfD besteht ja darin, dass der Sozi habituell genau jene Eigenschaften verkörpert, die er der politischen Konkurrenz unterstellt: Er wirkt frustriert, dumpf, hasserfüllt und harthirnig. Stegners Charme gehört in eine Liga mit der Virilität von Anton Hofreiter und der Selbstironie von Martin Schulz. Gäbe es eine rechte „heute-Show“, er wäre deren personifizierter Running Gag.

Wer der SPD Arges will, muss nichts weiter tun, als Stegner ins Fernsehen einzuladen. Optimisten kalkulieren um die 10.000 Minusstimmen für die Sozialdemokraten pro Talkshow-Auftritt von Stegner. Nie wirken Rechtspopulisten sympathischer, als wenn der Kastenschädel aus Bordesholm/Kreis Rendsburg-Eckernförde neben ihnen sitzt und ein Gesicht macht, als habe er ein Stück Gammelfleisch im Mund.

Eine zweite Möglichkeit, der SPD zu schaden, besteht darin, Stegner zu zitieren.

„Die rechtsgerichtete politische Instrumentalisierung der Terroranschläge ist widerlich“, twitterte er am 14. November 2015 nach den Massakern islamischer Radikaler in Paris. Einen Monat zuvor hatte er das Messerattentat auf die Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker mit den Worten kommentiert: „Pegida hat mitgestochen.“ Dieser ethische und auch logische Spagat bereitet unserem roten Rabauken nur wenig Mühe. Im September 2016 erklärte er in einem Interview, die AfD sei ein Fall für den Verfassungsschutz, weil „die Brandreden der Rechtspopulisten zu Brandsätzen zum Beispiel gegen Flüchtlingsunterkünfte werden“. Die Partei trage „eine politische Mitverantwortung für das, was durchgeknallte Rechtsextremisten machen, denn sie bereitet verbal den Boden“. Und er?

„Fakt bleibt, man muss Positionen und Personal der Rechtspopulisten attackieren, weil sie gestrig, intolerant, rechtsaußen und gefährlich sind“, hatte er schon am 8. Mai 2016 getwittert, um 0:33 Uhr übrigens, da war der grobianische Spross eines Gastwirts-Ehepaars vielleicht schon etwas beschickert. Wer ihn wegen solcher Äußerungen angesichts der ständigen körperlichen Attacken auf AfD-Politiker einen geistigen Brandstifter nennt, geht dennoch fehl; geistig und Stegner, das ist wie eloquent und Merkel.

Stegners Wahrnehmung der Wirklichkeit ist oft von exklusiver Art. „Wenn Leute hinter einer Naziflagge hinterherlaufen, finde ich es falsch, so zu tun, als wüssten die nicht, was sie täten“, erklärte er am 18. November 2016, vergaß aber zu erwähnen, wo er dergleichen beobachtet haben will (gab es vielleicht ein Länderspiel?). Am 13. Dezember 2016 empfahl der promovierte Politikwissenschaftler: „Wer vor der Islamisierung Deutschlands warnt, braucht medizinischen Rat, keinen politischen. Hier wird man doch eher vom Blitz erschlagen, als dass man einen Islamisten auf der Straße trifft.“ (Immerhin machte er keinen Unterschied zwischen Islam und Islamismus.) Sechs Tage später ermordete ein Dschihadist am Berliner Breitscheidplatz zwölf Menschen, verletzte 55 weitere zum Teil schwer und versaute unserem Statistiker die Pointe, denn an Blitzschlag sterben im Schnitt nur zehn Deutsche pro Jahr. In kecker Unbeirrtheit schob er am 23. Dezember nach: „99,9 Prozent der Flüchtlinge haben mit Terrorismus genauso wenig zu tun wie 99,9 Prozent der Deutschen.“ Mit anderen Worten: Deutsche und Flüchtlinge sind zu exakt gleichen Teilen für den Terrorismus verantwortlich.

Was dagegen hilft, weiß Stegner auch. „Schweinefleisch in Kantinen, Abschiebe-TV: Dieser ganze konservative Quark zeigt den Unterschied zu uns auf. Wir wollen eine Politik für sozialen Zusammenhalt für alle Menschen, die hier leben“, gab er am 2. Januar 2017 zum Besten. Notfalls eben ohne Schweinefleisch.

„Ich bin jemand, der sagt, was er denkt“, vertraute Stegner im Januar 2014 der Badischen Zeitung an. Wenigstens kennt er sein Problem.

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Kommentare

  1. Wenn ich mir den Stegner-Sozi so ansehe, braucht er mir nichts zu sagen. Und doch sehe ich in seinem Gesicht, was er vorher gesagt hat, und was er nachher noch sagen würde. – Kleider machen Leute,- Worte machen Geichter-. Seine Wähler haben den „Sudel-Wikinger“ sicher nicht nachhause geschickt, weil er für seine SPD wie ein Säurebad gewirkt hat, sonden wegen der Gefahr, daß, wenn er weiter Wahlkampf für die AFD macht und weiter öffendlich haßt, sein Gesicht von innenher völlig zerfetzt würde. Auf mich wirkt Stegner wie ein Zwillingsbruder von Sudel-ede =Karl Eduard von Schnitzler. Beide haben sicher ein Bad im „Schwrzen Kanal“ genommen. Allerdings glaube ich, das es Drillinge gewesen sein müssen. Die Familienähnlichkeit mit Saskia Esken springt einem förmlich in die Augen. Saskia kann Stegner fast besser, als er selber. Esken hat schon begonnen, ihre Wähler wegzubeißen und die flüchten weiter zu AFD. Langweilig wird es bestimmt nicht.

  2. MartinP

    Die hängenden Mundwinkel und die mangelnde Intelligenz, die durch Ideologie ersetzt wurde, kenn man doch vom politischen Gegner der SPD: Der CDU.
    Oder sind die gar keine Gegner mehr, vertreten sie die gleiche Politik?

  3. Jürgen G.

    Stegner ist das sympathische Gesicht der SPD, da muss ich immer heftig grinsen und an Beaker denken. Der sagte, er wäre mit Ralfi dem Krümelmonster aus der Muppetshow nicht verwandt. Nun ist niemand so überflüssig, dass er nicht noch für irgendwas zu gebrauchen sei. Als Wahlhelfer der AfD macht sich Ralfi doch gut.

  4. Onkel Dapte

    Ich zitiere Wiki:

    „Nach dem Abitur 1978 am dortigen Goethe-Gymnasium studierte Stegner von 1980 bis 1987 Politikwissenschaft, Geschichte und Germanistik an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg. Eingeschlossen war ein Studienjahr von 1984 bis 1985 an der University of Oregon. Danach war er 1987 McCloy-Scholar der Stiftung Volkswagenwerk und der Studienstiftung des deutschen Volkes an der John F. Kennedy-School of Government der Harvard-Universität, die er 1989 mit dem Abschluss eines Master of Public Administration verließ.“

    Das klingt doch ganz großartig. Umso rätselhafter ist, daß er trotz fortgeschrittener Kenntnisse der Politikwissenschaften über ein derart verkürztes intellektuelles Artikulierungspotential verfügt. Seine Äußerungen hätte er sich auch in einer einzigen Vorlesung aneignen können.

    Doch ich will nicht zu hart urteilen, denn in einem Satz hat er treffsicher die Wahrheit gesagt. In Klammern die nähere Erläuterung von mir:

    “Wenn Leute (hannoversche Politiker und Gewerkschafter bei einer Demo der Linksextremen in Hannover) hinter einer Naziflagge (Deutschland, du mieses Stück Scheiße, Deutschland verrecke) hinterherlaufen, finde ich es falsch, so zu tun, als wüssten die nicht, was sie täten.”

    Wo er recht hat, hat er recht, der gute Mann.

  5. Margot S.

    Die gleichen Gesichtszüge von Ralfi Sauer-Stegner, wie nach der SH-Wahl,
    konnte man sich nochmals nach der NRW-Wahl zu Gemüte führen. Aber er
    ist nicht der einzige Miesepeter der SPD Genossen und der grünen Partei.
    Seine AFD Allergie nimmt schon beachtliche Ausmaße an, aber er hat mit
    seinen Höflichkeitsfloskeln wie “ rechtsextreme AFD-Bande“ und “ AFD-
    Idioten-Bande “ wenigstens die Aufmerksamkeit bekommen, die er sich
    redlich verdient hat. Die herab gezogenen, frustrierten Mundwinkeln, sind
    mittlerweile zu einem Markenzeichen vieler Politiker in unserem Land
    geworden. Daraus könnte man schließen, dass im Berliner Reichstags-
    Gebäude die Erdanziehung im besonderen Maße seine Wirkung zeigt.

  6. Max

    Es ist wirklich ein Rätsel, dass eine Partei sich jemanden wie diesen Irrtum der Evolution als Parteivize hält. Jemanden, dessen intellektueller Akku mit Ein- und Ausatmen offensichtlich restlos voll ist. Wäre man Verschwörungstheoretiker würde man spekulieren, dass Stegner Steinmeier beim Kinderficken erwischt hat, und deshalb ein Druckmittel hat. Nun ist man kein solcher und bleibt deshalb ziemlich ratlos zurück.

  7. Rudolf B.

    Das Beste war Stegners Gesicht auf der Bühne nach der SH-Wahl – neben dem Sozimillionär Schulz mit seiner sozialen Gerechtigkeitslüge – als hätte ihm einer Bittermandelöl verabreicht, ein wundervoller Anblick, der Prototyp eines Unsympathen. Mit einem solchen Gesicht hat man früher kleine Kinder ins Bett gejagt, damit sie sich unter der Decke verkriechen vorm Bösen Mann.

  8. Meister

    Habe gerade Stegner in der Wahlaufbereitung von Schlewig Holstein erleben dürfen. Schildkröte bei Ditsche ist dagegen ein intellektuelles Highlight. Bye bye SPD. Schade, dass Schulz (Kanzler der Herzen) nicht dabei war. Dann wäre ich wohl heute nacht nicht vor Lachen in den Schlaf gekommen!