Jagt Trump aus dem Weißen Haus! Sofort!

„We love you, you are great, our overwheming election was stolen, but you need to go home,“ irrlichterte US-Präsident Trump gestern in einem Video, während der Mob das Sinnbild der amerikanischen Demokratie stürmte und einen beschämenden Schlußpunkt unter seine Präsidentschaft setzte. Auf die berühmte Frage „Geht es Ihnen heute besser als vor vier Jahren?“ antworteten bei der Wiederwahl von George W. Bush 2004 47% mit „Ja“, bei der Wiederwahl Obamas in 2012 nur 45%, Ronald Reagan erzielte in 1984 sogar nur 44%. Wenige Wochen vor der Wahl im November 2020 erreichte Trump sagenhafte 56%. Jeder „normale“ Präsident wäre mit diesen Zahlen leicht zu einer zweiten Amtszeit gesegelt. Trump stattdessen hat insb. den Wechselwählern ununterbrochen Gründe geliefert, ihn nicht wiederzuwählen. Und hätte es trotzdem fast geschafft. Nur 43000 Stimmen fehlten zum Sieg in Georgia, Arizona und Wisconsin. Knapper geht es nicht.

 

Seit seiner Wahlniederlage bestätigt Trump auch die schwersten Vorwürfe seiner ärgsten politischen Gegner. Er phantasiert von Wahlmanipulationen, für die er keinerlei Belege liefert, weshalb er alle Verfahren verliert. Er fiebert von Verschwörungen, durch die ihm die Wahl gestohlen wurde, indem „sie“ die inneren Teile der Wahlautomaten ausgetauscht hätten. Wenn ein Präsident auf diese Weise komplett den Bezug zur Realität verliert, trägt er dazu bei, dass enge Wahlen verloren werden. Wie Anfang der Woche bei den Senatswahlen in Georgia, die den Demokraten jedenfalls bis 2022 die Kontrolle über den Senat gebracht haben. Washington rechnet schon jetzt mit einer „progressiven Agenda auf Steroiden“, der zukünftige Mehrheitsführer Chuck Shumer rät auf Twitter dazu, „sich anzuschnallen.“ Die Niederlagen in Georgia sind alleine Trump zuzuschreiben.

 

Die gestrigen Ereignisse in Washington sind ein schockierender Tiefpunkt für Amerikas Demokratie. Trump bedroht Vizepräsident Pence, er solle das legitime Wahlergebnis nicht ratifizieren. Auf der von ihm einberufenen Kundgebung in der Nähe des Kapitols rief er sein Anhänger auf, zum Kongress zu marschieren. Er forderte sie auf, zum Kapitol zu ziehen. Sie dürften sich den „Diebstahl“ der Wahl nicht gefallen lassen. Er wolle mit ihnen gehen. Die Stürmung des Sinnbilds amerikanischer Demokratie beruht auf Trumps Anstachelung. Er hat den Mob entfesselt und zum Angriff auf die Demokratie gehetzt. Trump ist ein jämmerlicher, narzisstischer, undemokratischer Verlierer, der aufgrund seiner gestrigen Taten keinen Tag länger im Weißen Haus verbringen sollte. Nancy Pelosi, die Mehrheitsführerin der Demokraten  im Repräsentantenhaus, sollte eine Dringlichkeitssitzung anberaumen und ein Amtsenthebungsverfahren einleiten. Der Mehrheitsführer der Republikaner im Senat, Mitch McConnell, sollte den Senat sofort zu einer Abstimmung einberufen. Es mögen zwar nur weniger als zwei Wochen bis zur Amtseinführung von Joe Biden am 20.01.2021 sein. Aber die amerikanische Demokratie braucht diesen symbolischen Akt, um sich von ihrer Mißachtung durch einen Mann zu befreien, der sein Ego und seinen Narzissmus über die Grundwerte dieses phantastischen Landes stellen wollte.

© Joachim Nikolaus Steinhöfel 2021

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Kommentare

  1. Rainer Möller

    Mein bisheriger Eindruck war der, dass die Trumpists legitime Vermutungen über möglichen Wahlbetrug aufstellen, denen man in einer funktionierenden Demokratie geduldig und sorgfältig nachrecherchieren müsste – was die amerikanischen Gerichte nicht tun, weil sie das Wahlverfahren möglichst schnell und problemlos zum Abschluss bringen wollen.
    Man könnte hier die vernünftige Frage stellen, wer genau für dieses Nachrecherchieren zuständig wäre. Möglicherweise nicht die Gerichte, aber welche andere Instanz? Dass Steinhöfel sich diese Frage gar nicht stellt, sondern den Gerichtsspruch zum Maß aller Dinge macht – komischer Standpunkt für einen Anwalt -, das finde ich doch schade.

  2. Wolf-Dieter Busch

    Sie schreiben: „Er phantasiert von Wahlmanipulationen, für die er keinerlei Belege liefert, weshalb er alle Verfahren verliert.“ – Die Erhebung von Beweisen ist Aufgabe des Gerichts. Nun hat das Gericht seine Klage schlicht abgewiesen – ebenso wie weitere Klagen von anderen, etwa dem Staat Texas.

    Das Amerikanische (präzedenzbasierte) Recht ist mir weniger vertraut als das Deutsche Recht – aber übertragen auf deutsche Verhältnisse ist ihm das Klagerecht verweigert worden.

    Weiter. Eine Annahme „in dubio pro reo“ gilt im Strafrecht, jedoch nicht im Verwaltungsrecht. Dort gilt – gemäß dem Prinzip, dass der Staat nicht ohne Gesetz aktiv werden darf – das gegenteilige Prinzip „in dubio contra reum“.

    In allen anderen Punkten keine Stellungnahme.

  3. Axel Heinz

    Sehr geehrter Hr.Steinhöfel,
    wie stehen Sie zu den Löschungen des Trump-Accounts von Twtter (u.a.!?) ?

    Vielen Dank
    Mit freundlichen Grüßen
    Axel Heinz

  4. Michael Wyrwich

    „…Wahlmanipulationen, für die er keinerlei Belege liefert,…“
    Und SIE wollen Anwalt, also irgendwie Jurist sein??! Dünnbrettbohrer, abführen…

  5. Thomas

    Guten Tag Herr Steinhöfel,
    man mag ihren Kampf für die Meinungsfreiheit ja anerkennen, allerdings haben sie mit diesem Artikel gehörig ins Klo gegriffen!
    Wer nach all den bekannt gewordenen Wahlmanipulationen noch immer nicht einsieht, daß bei dieser Wahl massiv manipuliert wurde, dem kann man nicht mehr helfen. Auch wurden den Beschuldigungen ja gar nicht nachgegangen. Was ist denn aus dem Durham report geworden, über die Machenschaften der FBI Führung?! Der wird auch nicht mehr fertig Zufall? Und zu ihrem Quatsch mit den verlorenen Verfahren, die meißten wurden ja gar nicht erst zugelassen und mit fadenscheinigen Verfahrensgründen abgelehnt. Und erklären sie mir als Anwalt bitte einmal wie man ein nicht stattfindendes Verfahren verlieren kann?