Polizei und Presse: Manipulation, Täuschung, Verhöhnung der Opfer

George Orwell ist nicht verstorben, er lebt in Herford. Orwell heißt jetzt Michael Albrecht und arbeitet im Leitungsstab der Pressestelle der dortigen Kreispolizeibehörde. Unser Mann hat eine Pressemitteilung (PM) zu verantworten, die am Vormittag des Montag, 26.10.2015, veröffentlicht wurde und in der Folge zu gleichlautenden Presseveröffentlichungen führte.

Die PM soll die Öffentlichkeit über eine schwere Sexualstraftat täuschen, weil diese von einem Flüchtling begangen wurde. Unter der Überschrift „Sexuelle Nötigung in einer kommunalen Unterbringungseinrichtung“ heißt es in der Pressemitteilung weiter:

„In der Nacht zu Sonntag, gegen 01:30 Uhr, wurde eine Mitarbeiterin einer karitativen Einrichtung in einer Unterkunft für jugendliche Flüchtlinge in Herford von einem 15-jährigen Bewohner sexuell bedrängt. Die junge Frau setzte sich erfolgreich zur Wehr und verständigte die Polizei.“

Das Opfer setzte sich erfolgreich zur Wehr.

Das Opfer setzte sich erfolgreich zur Wehr.

Das ist ja nochmal glimpflich abgegangen, denkt der Leser und dabei vielleicht an Rainer Brüderles anzügliche Bemerkung über eine ausgefüllte Bluse. Und: Tapfere Frau, gut gemacht! Nicht wissend, was sich wirklich abgespielt hat.

Tatsächlich wurde eine Sozialarbeiterin des Roten Kreuzes in einer ehemaligen Kaserne in Herford von einem 15jährigen Iraker vergewaltigt und noch in der Nacht in die Notaufnahme des Krankenhauses von Bad Oeynhausen gebracht.

Auf die mail* an die zuständige Dienststelle mit der Frage, ob es sich hier nicht um eine vorsätzliche Falschinformation handele, meldete sich Herr Albrecht nach weniger als 15 Minuten telefonisch* und versucht etwas schönzureden, was nicht schönzureden ist.

Die Überschrift der Pressemitteilung spreche von „Sexueller Nötigung“. Diese Vorschrift, § 177 des Strafgesetzbuches (StGB), behandele auch die Vergewaltigung. Die Überschrift der Norm lautet aber tatsächlich „Sexuelle Nötigung; Vergewaltigung“. Albrecht unterschlägt genau den Teil des Straftatbestandes, der der Tat entspricht. Warum er dies getan hat, ist für jedermann sofort erkennbar.

Weiter versuchte Herr Albrecht mit dem Argument zu reüssieren, „der Schutz der Persönlichkeitsrechte der Betroffenen“ würden es verbieten, die Vergewaltigung zu erwähnen. Es dauert keine zehn Sekunden um auch dies als Unsinn zu entlarven. Man gibt „Polizei – Pressemitteilung – Vergewaltigung“ in das Suchfenster einer Suchmaschine ein und erhält bei google über eine Million Treffer. Auch aus NRW.

Zu der Passage „Die junge Frau setzte sich erfolgreich zur Wehr“ konnte Herr Albrecht dann nichts mehr sagen. Und er weigerte sich auch ausdrücklich, seine Einlassungen noch einmal schriftlich zur Verfügung zu stellen („bekommen Sie von mir nicht“).

Die Beamten der (Bundes-) Polizei, die zahllosen ehrenamtlichen Helfer sind tagein tagaus mit den Folgen der aktuellen Krise konfrontiert und werden von einer irrlichternden Kanzlerin und einer wie sediert wirkenden und planlos agierenden politischen Klasse im Stich gelassen.

In den Bürokratien der Innenbehörden und auch der Polizei sitzen aber auch Menschen wie Herr Albrecht an ihren Schreibtischen. Mitläufer im System, die die Wahrheit vorsätzlich verfälschen um die Öffentlichkeit zu täuschen und in Sicherheit zu wiegen. Und die dann noch die Stirn besitzen, ihre Märchengeschichten wie oben beschrieben zu rechtfertigen. Ich will Herrn Albrecht gerne zu Gute halten, dass er glaubt, das Richtige zu tun. Aus Angst die Stimmung könnte kippen. Die Angst mag nicht unbegründet sein, sie rechtfertigt sein Tun aber in keinen Fall. Es ist verwerflich!

Wer nun allerdings annimmt, dies sei ein Einzelfall, glaubt auch der Pressemitteilung von Herrn Albrecht.

© Joachim Nikolaus Steinhöfel 2015

*Update: Auf Nachfrage nach Erscheinen. Die mail an die Dienststelle habe ich geschrieben und ich habe auch das Telefonat mit Herrn Albrecht geführt.

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Kommentare

  1. Timo

    Hey Tommy,

    ich kann mir nicht vorstellen das sich Herr Steinhöfel da irgendwie mal eben in die Nesseln setzt.
    Ebenso kann ich mir das nicht von unserer Polizei vorstellen.

    Da hilft wirklich nur nachfragen.
    Also auf beiden Seiten.

    Ich habe eben der Pressestelle der Herforder Polizei eine Email gesendet,
    und warte dann mal gespannt auf Antwort.

    Gruß Timo

  2. Simon

    Ach Tommy … Wenn es keine Vergewaltigung gewesen wäre, hätte der Polizist das dem Herrn Steinhöfel gesagt, und der Artikel wäre nie erschienen.

    Denkt hier jemand, Herr Steinhöfel erfindet so was und lässt sich vor Gericht bringen? Mann, Mann, Mann

  3. Fenris

    Daß hier einigen Schreibern der Unterschied zwischen einer Vergewaltigung und einer sexuellen Nötigung (angeblich) nicht geläufig ist, spricht entweder für eine für Kommentatoren dieses blogs peinliche Sachunkenntnis oder für eine hinter einer weinerlich-doofen Fassade versteckte, rohe Menschen- und insbesondere Frauenverachtung.

    Eine sexuelle Nötigung im besonders schweren Fall wird nicht nur Vergewaltigung genannt, der Täter wird im Urteil auch wegen einer Vergewaltigung und nicht wegen sexueller Nötigung im besonders schweren Fall – deutlich schwerer – bestraft.

    Die Quelle ist in diesem Fall irrelevant, weil der Leitungsstabsbeamte Albrecht den tatsächlichen Sachverhalt unumwunden eingeräumt hat. Das Verhalten der Polizei ist ein Skandal erster Güte.

  4. tommy

    Hallo Herr Steinhöfel,

    ich schließe mich der Frage einiger Vorredner an: Woher haben Sie ihre Informationen, dass es sich in dem Fall um eine vollzogene Vergewaltigung handelte? Ohne Beleg ist die Kritik ja irgendwie sinnlos.
    Würde mich über eine Antwort freuen!

    MfG
    Tommy

  5. Simon

    Für alle Kommentarschreiber hier, die etwas schwer von Begriff oder linksverblendet sind: Eine Vergewaltigung als sexuelle Bedrängung („sexuell bedrängt“) zu bezeichnen ist zwar faktisch nicht falsch (genauso wenig wie eine Tötung mit den Worten „wurde schwer verletzt“ zu beschreiben), aber es ist natürlich eine bewusste Falschinformation, da zur Wahrheit auch die Vollständigkeit gehört.

    Der Hintergrund ist natürlich, dass „keine Ressentiments geschürt“ werden sollen. Das stand auch so im Text drin. Genau der gleiche Grund, aus dem man vor ein paar Monaten in Aktenzeichen XY keinen Beitrag über einen dunkelhäutigen Vergewaltiger bringen wollte.

  6. Anna

    Woher ist denn die Info, was tatsächlich passiert ist?

    Und nein, diese Überschrift unterschlägt nicht den Teil des Straftatbestandes, der eigentlich relevant ist. Eine sexuelle Nötigung ist eine sexuelle Nötigung, unter die auch der besonders schwere Fall fällt, eben die Vergewaltigung. Regen Sie sich von mir aus über den Teil mit dem „erfolgreich zur Wehr setzen“ auf, aber der Teil mit dem § 177 StGB ist Panikmache.

  7. Ein Mensch

    „Warum er dies getan hat, ist für jedermann sofort erkennbar.“
    Ja? Warum denn?
    Bitte keine Verschwörungstheorien!

    „Mitläufer im System, die die Wahrheit vorsätzlich verfälschen um die Öffentlichkeit zu täuschen und in Sicherheit zu wiegen.“
    Ach so, also doch nur Verschwörungstheorien, schade.

    Wann berichten Sie über die ca. 7.700 jährlichen Fälle, in denen deutsche Frauen von deutschen Männern vergewaltigt wurden?

    *
    Passage entfernt, J.S.
    *

    Ach ne, bei „uns Deutschen“ heißt es ja „häusliche Gewalt“ und ist natürlich keine abschwächende Form für Vergewaltigung.

    Und natürlich wäre es keine haarsträubende Verschwörungstheorie, dahinter „Mitläufer im System, die die Wahrheit vorsätzlich verfälschen um die Öffentlichkeit zu täuschen und in Sicherheit zu wiegen.“ zu vermuten.

    Ich habe selten so schlimme Bigotterie, Double-Standards und heuchlerische Scheinheiligkeit wie in diesem Stück Text gelesen.

  8. Karl

    Eins noch, und diese Frage brennt mir wirklich unter den Nägeln: Welches dystopische Buch hat Michael Albrecht eigentlich geschrieben?

  9. Karl

    „Warum er dies getan hat, ist für jedermann sofort erkennbar.“ – ähm, nein?! Erleuchten Sie mich!

    Welche Quelle gibt es denn, die Anlass zur Vermutung gibt, die Darstellung der Polizei wäre nicht korrekt? Bis auf den „Tatsächlich“-Absatz finde ich oben im Text nämlich keinen Hinweis, und da frage ich mich doch, woher die Infos stammen.

  10. Mike v Dyke

    Tja, es wird genauso wie in Schweden. Und da Deutschland mehr Einwohner hat, braucht man keine prophetischen Gaben, um vorauszusehen, wer bald Weltmeister der Vergewaltigungsstatistiken sein wird. Wir haben dann die Chance, es echten Schurkenstaaten zu besorgen und sie klar auf die Plätze zu verweisen. Wir schaffen das.

  11. Timo

    Vielen Dank für Ihre Recherche.
    Sie wird mir zur zukünftigen Meinungsbildung durchaus dienlich sein.

    Eine Schande….

  12. Thomas

    Es ist notwendig öffentlich über diese Gewalttaten zu sprechen, auch wenn diese von Rechtsradikalen instrumentalisiert werden könnten. Das rechtfertigt jedoch nicht, diese Taten in jeglicher Form abzuschwächen oder zu verschweigen. Vielfach wird versucht, die Gewalttaten psychologisch zu erklären und abzumildern anstatt sich einfach auf die Berichterstattung zu beschränken, interpretieren muss man da gar nichts, es sollte nur informiert werden.