Militärtribunale: Deutschland rümpft die Nase

In deutschen Zeitungen rümpfte man pikiert die Nase, als ruchbar wurde, das US-Präsident Obama an den Militärtribunalen für die Guantanamo-Insassen festhalten wolle. Am selbstgerechtesten konnte man es wohl bei sueddeutsche.de lesen:

„Guantanamo will US-Präsident Obama schließen – doch die Sondertribunale zur Aburteilung der Terrorverdächtigen will er wiederbeleben. Damit diskreditiert er sich und Amerika. Besser wäre es, er brächte den politischen Mut auf und würde eine Strafverfolgung vor ordentlichen Gerichten anstreben. Das wird juristisch hochkompliziert werden, in Fällen wohl nicht möglich sein. Doch um diesen Reinigungsprozess kommt das Land nicht herum. Sonst wird das Gift der Bush-Ära noch auf Jahre fortwirken und Amerikas Ansehen weiter mindern.“

Es ist immer wieder atemberaubend, in welchen Paralleluniversen manche Autoren zu existieren scheinen. In Deutschland wird gerade eine erregte Debatte darüber geführt, ob Guantanamo-Häftlinge in Deutschland aufgenommen werden sollen. Dabei spielen so bemerkenswerte Aspekte eine Rolle wie die mangelnde Absicht der Landesinnenminister, ehemalige Häftlinge rund um die Uhr zu beschatten oder die Befürchtung, diese hätten sich in Guantanamo radikalisiert (als wäre dies angesichts 9/11 noch erforderlich) oder – mein Favorit – die Aussage von Schäubles Ministeriumssprecher, danach „sollen die USA erläutern, warum, und welchen Deutschlandbezug die betreffenden Personen haben.“

Die Führer aller vier Zellen, die den Anschlag von 9/11 geplant und durchgeführt haben, waren das Produkt deutscher Universitäten. Erinnert sich noch jemand an Ramsi Binalshibh oder an Mohammed Atta. Den netten jungen Mann, der in Hamburg-Harburg Stadtplanung studierte und in der Marienstraße wohnte. Ist das genug „Deutschlandbezug“ ??

Das Obama still und leise das Gros der von der Bush-Administration eingeführten vernünftigen Maßnahmen („das Gift der Bush-Ära“) zur Terrorbekämpfung beibehalten oder wieder einführen würde, war abzusehen. Die US-Truppen in Afghanistan werden aufgestockt, es bleibt bei der Strategie im Irak, vom vorzeitigen Abzug keine Rede mehr, die Drohnenangriffe in Pakistan werden auch ohne vorheriges Vorlesen der Rechte fortgesetzt, an den Maßnahmen des Patriot Acts wurde nichts geändert. Die reine Anordnung der Schließung von Guantanamo war einfach. Anders sieht es mit der Beantwortung der sich aus dieser Executive Order ergebenden Fragen aus.

Die Mehrheit der etwa 250 Guantanamo-Häftlinge sind keine gewöhnlichen Kriminellen, sondern Kriegsverbrecher, die sich der Zerstörung des westlichen Way of Life verschworen haben. Es genügt, wenn man die in den Militärgerichtsverfahren von Khalid Sheik Mohammed (KSM) und seinen Kumpanen zu den Akten gereichten Schriftsätze liest, wonach sie „Terroristen bis auf die Knochen“ seien, die die Vorwürfe bezüglich der „gesegneten Anschläge vom 11. September als Ehrenabzeichen“ betrachten. KSM: „Ich enthauptete mit meiner gesegneten rechten Hand den amerikanischen Juden Daniel Pearl in der Stadt Karatschi, Pakistan“. Dieses Video über KSM ist unbedingt sehenswert. Es ist nicht „juristisch hochkompliziert“, diese Kriminellen vor ordentlichen Gerichten zu verurteilen. Es wäre töricht und verantwortungslos. Kriegsverbrecher gehören vor ein Kriegsgericht. Wenn US-Soldaten sich vor diesen Gerichten verantworten müssen, wenn ihnen Straftaten zur Last gelegt werden, ist nicht erkennbar, warum Obama „Amerika und sich selbst diskreditiert“, wenn er dies auch den Terroristen zuzumuten gedenkt. Im übrigen hat er amerikanische Kongress diese Verfahrensweise 2006 mit überwältigender parteiübergreifender Mehrheit gebilligt. Zivilgerichte sind für diese Art von Verfahren, in denen geheimdienstliche Informationen und Aspekte der nationalen Sicherheit eine Rolle spielen, grundsätzlich ungeeignet. In Guantanamo, eventuell demnächst andernorts, werden nach wie vor feindliche Kämpfer festgehalten, denen nicht der Prozeß gemacht werden kann, die aber aufgrund ihrer Gefährlichkeit nicht freigelassen werden können. Dies gilt, solange sie eine militärische Bedrohung darstellen und entspricht den Regeln des Kriegsrechts. Bereits von den zu Zeiten der Bush-Administration freigelassenen Gitmo-Häftlingen sind zahlreiche in Afghanistan, Pakistan oder im Jemen erneut aufgegriffen worden. Ein gewisser Said Ali al Shihri ist jetzt stellvertretender Führer von al Qaida im Jemen; Abdullahl Gulam Rasoul ist Führer der Taliban im südlichen Afghanistan. Am 17. September 2008 erfolgte ein Bombenanschlag auf die US-Botschaft im Jemen, zehn Zivilisten kamen ums Leben. Ein Werk al Shihris, der zuvor in Guantanamo und danach in Saudi-Arabien ein Jihad-Rehabilitierungsprogramm durchlaufen hatte. Ein Video, das Anfang 2009 veröffentlicht wurde, zeigt ihn u.a. mit Abu al-Hareth Muhammed al-Oufi, der ebenfalls aus Guantanamo entlassen wurde und das saudische Reintegrationsprogramm durchlief. Beide erklären in dem Video voller Stolz, zum Jihad, der sie nach Guantanamo gebracht hatte, zurückzukehren.

Die moralischen Autoritäten der deutschen Presse werden sich durch Nichts und Niemanden von der Einschätzung abbringen lassen, dass Individuen wie KSM, Mohammed Atta oder Ramsi Binalshib, die den Märtyertod als Ehre betrachten,  durch die Globalisierung, den Kapitalismus, die außenpolitischen Fehler der USA und soziale Missstände in ihrem Heimatdorf vom Pfad der Tugend abgebracht wurden und eigentlich nur einer herzlichen Umarmung, etwas Zuspruch und Sozialhilfe benötigen, um wieder zu verträglichen Mitmenschen zu werden. Lasst die Folteropfer alle frei. Begrüssen Sie die resozialisierten Terrorpaten demnächst in ihrer Nachbarschaft !

Senatoren Sessions und Lindsey Graham on „Fox“: „If you are part of the enemy force we can hold you forever. That’s military law for 200 years.“© Joachim Nikolaus Steinhöfel 2009

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Kommentare

  1. Bret Hart

    ..“Die Mehrheit sind Kriegsverbrecher“? Dann sollte man ein Gericht einberufen und sie verurteilen. Ob „Sondertribunal“ oder nicht ist unerheblich, aber mit Anwalt, Richter, Prozessordnung….halt ordentlich und wie es sich für einen Rechtsstaat gehört. Für Geheimdienstlich problematischen Fälle gibt es die Möglichkeit die Öffentlichkeit bei Bedarf auszuschließen. Der Rechtsstaat ist nicht teilbar. Entweder sie gilt für alle oder für niemand. Ein Rechtsstaat kann die Gewaltenteilung zwischen Judikative und Executive nicht nach belieben aufheben. Hier haben die USA ein Grundpfeiler der „Checks and Balances“ verletzt und stehen jetzt vor ein Scherbenhaufen.

    Übrigens – Bei den für Deutschland vorgesehenen „Terroristen“ handelt es sich um Uriguren, eine von Peking verfolgte Minderheit, die zufälligerweise US Kräfte in die Hände fielen. Zuhause in China erwartet denen ein chinesischer „Gitmo“ ohne Rechtsstaat. So schließt sich der Kreis.

  2. Albert Fischer

    Ich werde den verdacht nicht los, dass geld, d.h. politisch motivierte hingaben von geld, in der modernen medien landschaft eine grosse rolle spielen

    was manche institutionen an kommentaren von sich geben, kann (ausser im falle der ARD manchmal) unmoeglich nur auf eigener ueberzugung beruhen.

    ich denke dass z.b. juden in amerika (bin selbst juedischer abstammung, sehr pro westlich, sehr pro Israel) jahrelang und auch heute noch, wenn auch wenger erfolgreich, die medien beinflusst haben / beinflussen, und zwar offen (HBO, hollywood etc etc)

    die dem westen und insbesondere Israel feindlich gesonnenen araber mit geld (bzw hoechst wahrscheinlich auch die iraner) werden wohl, davon bin ich ueberzeugt, das ein oder andere investment getaetigt haben, allerdings versteckt

    die berichterstattung der BBC, des guardian, des independent und vieler anderer laesst sich nicht anders erklaeren, so uebertrieben ist sie. sie ist auch dann als krass uebertrieben anzusehen, wenn man weiss dass journalisten am werk sind die Israel und die USA nicht austehen koennen. geld muss eine rolle spielen. woher sonst diese energie und ausdauer und das viele argumentieren gegen das offensichtliche? nach bush, nach dem gaza abzug? und ueberhaupt, warum sieht al jazeera genauso aus wie die BBC waehrend sie sehr viele ex – BBC leute beschaeftigt?

    suedeutsche?

    keine ahnung