Landesvertretung gibt gegenüber Broder und Steinhöfel Unterlassungserklärungen ab

Die Absage einer für den 31.08.2022 vorgesehenen Verstanstaltung des „Transatlantischen Forums“ hat für die Landesvertretung Baden-Württemberg jetzt rechtliche Konsequenzen. Die Veranstaltung, für die neben Reden des CDU-Vorsitzenden Friedrich Merz und des US-Senators Lindsey Graham auch Auftritte von Henryk M. Broder und Joachim Steinhöfel vorgesehen waren, hat im Vorfeld und nach ihrer Absage breite mediale Resonanz hervorgerufen. Insbesondere der CDU-Vorsitzende Merz, der den Einflüsterungen jüngerer Berater folgte und seinen Sprecher und langjährigen Vertrauten bei seiner ad hoc-Entscheidung, die auch den US-Senator Graham desavouierte, überging (zu den Details folgt ein ausführlicher Text), wurde heftig kritisiert, vergl. hier, hier, hier, hier, hier,und hier. In der Folge lehnte Graham ein Treffen nur mit Merz ab und solidarisierte sich mit den anderen Teilnehmern („Konservative würden sich ‚nicht gegenseitig canceln, bevor sie sprechen‘. Das sei ein Markenzeichen demokratischer und konservativer Prinzipien. Folge man den Prinzipien nicht, ‚dann sind wir nicht anders als die Linken‘.“).

Die Landesvertretung Baden-Württemberg, in deren Räumen die Veranstaltung geplant war, machte auf Twitter publik, man werde vom Mietvertrag „zurücktreten“. In den – inzwischen gelöschten – Tweets hieß es weiter, die „genannten Referenten weisen eine starke Nähe zur AfD auf. Die Veranstaltung ist daher geeignet, das Ansehen der Landesvertretung zu beschädigen.“

Diese persönlichkeitsrechtsverletzenden und, da von einer staatlichen Stelle stammend, auch verfassungswidrigen, möglicherweise auch strafbaren Inhalte wurden von Broder und Steinhöfel abgemahnt. Über Henryk M. Broder muss man dank seiner „überragenden Bekanntheit“ (so die Pressekammer des LG Hamburg in einem zu seinen Gunsten erlassenen Beschluß) kein Wort verlieren. In der Abmahnung Steinhöfels heißt es:

Die Behauptung, unser Mandant als einer der Referenten der Veranstaltung des Transatlantischen Forums, das für den 31.08.2022 in ihrer Landesvertretung vorgesehen ist, „weise eine starke Nähe zur AfD auf“ entbehrt jeder Tatsachengrundlage. Unser Mandant ist Rechtsanwalt und hat in dieser Funktion ein Verfahren für die AfD geführt, das zum Parteiausschluß des rechtsextremistischen Andreas Kalbitz führte. Mit der beanstandeten Behauptung dichten Sie unserem Mandanten jenseits anwaltlicher Tätigkeit und ganz im Sinne des mit Kontaktschuld operierenden und daher verfassungswidrigen Radikalenerlasses eine politisch-ideologische Nähe zu den Positionen der AfD an, für die keine tragfähige Grundlage existiert. Wie völlig politisch abwegig ihre Insinuation ist, zeigt nur beispielhaft der hierunter eingeblendete Tweet unsere Mandanten vom 01.03.2022:

Noch schwerwiegender ist ihre an einen großen Empfängerkreis gerichtete rufschädigende These, die bloße referierende Anwesenheit unseres in einer Reihe von grundrechtssensiblen Fragen, insb. solchen der Meinungsfreiheit häufig zitierten Mandanten sei geeignet, ihr „Ansehen zu beschädigen.“ Damit wird unser Mandant nicht nur fachlich als nicht mehr diskursfähig geschmäht, sondern ad hominem….

Dem unmittelbar an die Grundrechte gebundenen Staat ist es verfassungsrechtlich untersagt, sich ohne hinreichend rechtfertigenden Grund herabsetzend über einen Bürger zu äußern (BVerfG, Beschluss vom 17. 8. 2010 – 1 BvR 2585/06).

Die Landesvertretung hat ihre Rechts- und Verfassungsverletzungen erkannt und sowohl gegenüber Broder (Broder UE) wie gegenüber Steinhöfel (Steinhöfel UE) strafbewehrte Unterlassungserklärungen abgegeben und die Tweets gelöscht. Die Landesvertretung Baden-Württemberg hat in der Folge der Löschung auf Twitter lediglich formuliert: „Unser Tweet zum Rücktritt vom Mietvertrag für die Veranstaltung eines ‚Transatlantischen Forums‘ in den Räumen der Landesvertretung war nicht korrekt formuliert und wurde deshalb von uns gelöscht.“ „Nicht korrekt formuliert“ ist angesichts des drastischen Rechtsbruchs etwas zu zurückhaltend formuliert. Eigentlich sollte es sich ohnehin auch aus dem Anstand und der Integrität der Handelnden und aus den durch das Grundgesetz vorgegebenen Pflichten staatlicher Stellen von selbst ergeben, dass eine rechts- und verfassungswidrige, sowie persönlichkeitsrechtsverletzende Tat vollständig korrigiert wird und deren Folgen für die Betroffenen beseitigt werden, indem man auf den Rechtsverstoß hinweist und diesen allen Empfängern gegenüber mitteilt. Das staatliche Neutralitäts- und Sachlichkeitsgebot gebietet dies ohnehin, auch wenn es den Betroffenen aus persönlichen (also irrelevanten) und möglicherweise weltanschaulichen Gründen (also gleichfalls rechtlich unbeachtet) schmerzen mag. Diesen Anstand und diese Integrität hat die Landesvertretung Baden-Württemberg bislang nicht zu zeigen vermocht.

 

 

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Kommentare

  1. B. Fuchs

    da geht presserechtlich noch mehr als eine strafbewehrte Unterlassungserklärung! der nächstmögliche Schritt wäre die Gegendarstellung oder, noch schöner, der Widerruf: die Verfasser müssen auf die Knie und selber schreiben: wir widersagen.

  2. Merz war eine ganz schlechte Wahl. Soweit ich mich erinnern kann, war er immer ein Geriebener, nie ein Macher! Ein Vorsitzender benötigt einen ganz anderen Charakter. Und er muss selber den Willen haben, etwas durchzusetzen. Er muss also ein Alpha-Tierchen sein. Nicht umsonst war Merz vorher Aufsichtsrat und nicht Vorstand. Wer politische Alpha-Tierchen sehen will, sollte sich einmal das „Terblecken“ zum Fassanstich auf dem Nockerberg im BR ansehen. Da sitzen diese zuhauf aus Politik und Wissenschaft!

  3. Friedemann Lux

    Wunderbar Herr Steinhöfel!!! Bleiben Sie dran und grüßen Sie Herrn Broder von mir.
    Venceremos…..

  4. Jens Ewert

    Hallo Herr Steinhöfel,
    Sie haben sicherlich die Hetze der FAZ gegen Herrn Broder und Sie vom letzten Samstag gelesen. Beabsichtigen Sie, gegen die FAZ vorzugehen?

    Ich meinerseits habe bereits einen Leserbrief an die Herausgeber geschrieben, in dem ich die Hetze scharf kritisiert habe.

    Mit freundlichen Grüßen
    Jens Ewert