Christian Wulff – Ein Nachruf

Das war's. Endstation Burgwedel.

Das war's. Endstation Burgwedel.

Wenn wir alle demnächst auf die „Ära Wulff“ zurückblicken, was bleibt dann in Erinnerung? Ein mausgrauer Technokrat, bieder bis ins Mark, mit einem Backsteinhäuschen von atemberaubender Hässlichkeit. Ein farbloser Provinzler ohne jede Ausstrahlung, dessen grösster Moment im Amt die törichte These war, der Islam gehöre zu Deutschland. Und der dies dazu noch mit einem Goethe-Zitat zu untermauern suchte, aus dem sich das glatte Gegenteil ergibt. Niemand wollte Wulff als Bundespräsidenten, sieht man von der politischen Nomenklatura ab. Statt Gauck wurde Wulff der unwilligen Bevölkerung aufgezwungen. Ein Manöver in Sachen Machterhalt, vergleichbar mit dem fiebrigen Populismusschub, einer Industrienation über Nacht die Kernkraftwerke abzustellen. Bis zum Blackout das Fähnchen in den Wind hängen.

Wulffs Tage im Amt waren schon Anfang Januar gezählt. Wer, zuvor noch Banken und Finanzindustrie maßregelnd, ein Landesparlament in eigener (Kredit-) Sache derart plump hinter die Fichte zu führen versucht, taugt nicht einmal als Festausschutzvorsitzender der Osnabrücker Stadtverwaltung. Was folgte war ein zäher Kampf um den Erhalt des Amtes, mal mehr, mal weniger seriös medial begleitet von tatsächlichen oder vermeintlichen neuen Enthüllungen. Mit der Kreditsache war Wulff mausetot. Zuvor war er bereits jederzeit im Amt maßlos überfordert. Wenn ein Bundespräsident zu einer der wichtigsten Fragen der Gegenwart nicht mehr den Mund aufmachen kann, ohne allgemeines Grinsen hervorzurufen, ist er erledigt. Ebenso wie zu Guttenberg, dessen dreistes Belügen der Bevölkerung vor laufenden Kameras heute noch einen Würgreiz verursacht („[Meine Dissertation] ist etwa über sieben Jahre, neben meiner Berufs- und Abgeordnetentätigkeit als junger Familienvater in mühevollster Kleinarbeit entstanden“), fehlten Wulff  und Merkel jedes Gespür dafür, ab wann es zu spät war. Im Januar hätte er noch mit indigniertem Getue zurücktreten können. Jetzt ist Wulff waidwundgeschossen, die Niederlage und sein bevorstehender* Rücktritt für ihn und Merkel fatal.

Kritik am Noch-Bundespräsidenten wurde häufig mit einem aufdringlichen Zurschautragen von Staatsräson zurückhaltend formuliert. Aus Respekt vor dem Amt. Diejenigen, die so fabulierten, hatten schon mit der Wahl Wulffs jeden Respekt vor dem Amt verloren.

© Joachim Nikolaus Steinhöfel 2012

*Der Text erschien gegen 10:15 Uhr, um kurz nach 11:00 Uhr trat Wulff zurück.

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Kommentare

  1. Jandl

    Dachte auch so über Wulff, bis ich dann auf zwei Reden von Ihm gestossen bin, in der er sich sehr skeptisch über den ESM Vertrag geäussert hat, Konsequenz: Wulff weg, Fiskalpakt da!
    Gauck hat sehr schnell unterzeichnet, bzw. in seinem Falle abgesegnet.

  2. Meier

    Ich glaube, die Presse hasste das Haus nur, weil nichts einsehbar war.

    Spart Geld, Wuff als Nachfolger vom GAU. Gelernt hat er hoffentlich genug.

  3. Uwe F. aus SL

    Erschreckend, wie viele Menschen bereits von dem Virus betroffen scheinen, der Objektivität und Vernunft dort ausschalten, wo sonst echte Erkenntnis entsteht. „Wie sonst ist zu erklären, dass so viele unpolitisch gebildete Menschen Wulff für einen Politiker halten; gibt es nicht selbst für einen „schlechten Politiker“ Mindestanforderungen, um ihn zumindest als einen seinerzeit „dien(st)lichen Schurken“ in Erinnerung behalten zu können?

    Das wirklich Schlimme ist jedoch: „Der Wulff-Duktus trägt in der aktuellen Regierungsfassung nur andere Namen.“ Wir haben also ein echtes gleichwie noch nicht erledigtes Problem…

  4. Ochs-Treß Anke

    Sehr geehrter Herr Wulff,
    ich bedauere sehr, dass man Sie damals im Wahlkampf rausgekickt hat.
    Ich halte Sie für einen guten Politiker und würde mir wünschen, dass
    Sie für Deutschland weiter arbeiten. Es gibt viel zu tun.
    Alles Gute für Sie.
    Lieben Gruß
    Anke Ochs-Treß

  5. Dr. Knölge

    „…Backsteinhäuschen von atemberaubender Hässlichkeit.“

    Sehr geehrter Herr Steinhöfel,
    das Haus, das ich bewohne, sieht ganz ähnlich aus. Von ihrer herablassenden Wertung fühle ich mich getroffen. Ich versichere Ihnen, daß man in einem solchen Häuschen sehr glücklich und zufrieden leben kann.
    MfG Dr. Knölge

    Zu Wulff:
    Manchmal sind sehr einfache Betrachtungen treffend. Schauen Sie Herrn Wulff ins Gesicht. Ist dieser Mann zu irgend etwas Bösem fähig? Würde er eine Küchenschabe erschlagen oder mit einem Wasserglas einfangen, in den Garten tragen und noch einen guten Tag wünschen?
    Deshalb wurde er Präsident.
    Ist Wulff intelligent? Vermutlich gehört er hier nicht gerade zur absoluten Oberschicht.
    Deshalb ist er gescheitert und mußte gehen.

  6. Jürgen

    Der Beitrag ist in Ordnung. Aber eins sollte man nicht vergessen: Der alte Präsident war ja nichts Besonderes in diesem Land. Er passte mit seinem Stil, seinem Auftreten, seinen Ausreden, seinen Tricks und seiner Mittelmäßigkeit sehr wohl zu hunderttausenden seiner Landsleute. Er verkörperte sie gewissermaßen.

  7. MichaelKohlhaas

    Bravo, Herr Steinhöfel,

    ich lese schon seit langer Zeit Ihre Artikel und halte diese für unschlagbar intellektuell.

    Aber über eines sollte man sich vollkommen bewusst sein:

    Wulff war im Prinzip ein einfaches Bandenmitglied der C*DU aus dem Charter Hannover.

    Aber auch die anderen Charter dieser Gang sind streng dem Islam verpflichtet. So hatte doch z.B. der hessische Ministerpräsident nichts anderes zu tun, wie in einer Laudatio den Dummspruch seines Gang-Bruders Christian „Der Islam gehört zu Deutschland“ als große Leistung heraus zu stellen.

    Das hat nichts mit Dummheit zu tun, das hat etwas damit zu tun, dass der Erhalt der Gang wichtiger ist, wie der Staat selbst. Man braucht eben das Wählerpotential dieser Leute (der Grauen Wölfe).

  8. Alle machen Fehler, nur Wulff nicht. Und wie wir ja immer wieder aufs neue lernen ist Wulff lediglich nur ein bedauernswerter Einzelfall und hat nichts, aber auch gar nichts mit kriminellen Handlungen der Politkaste zu tun.

  9. swen

    Wulff ist dermassen unmännlich, dass ich mir ernsthaft die Frage gestellt habe, ob er noch als Mann bezeichnet werden kann.
    Möglicherweise ist er schon ein Gender.

  10. Catarina

    Goethe hätte Ex-Bundes-Islam-WULFF besser studieren sollen:
    „Der menschliche Geist, welche Fortschritte er auch auf anderen Gebieten zeitigen mag, wird nie die Höhe und die sittliche Kultur des Christentums übersteigen, das in den Evangelien aufstrahlt und erglüht.“