Wie ich mit einem tweet Deutschland in Brand steckte

Ich habe lange an einem Plan geschmiedet. Unruhe befiel mich, ich konnte nicht schlafen. Wie sollte, konnte überhaupt ein derartig wahnwitziges Vorhaben gelingen: Ich wollte einmal, nur ein einziges Mal in einem Leitartikel des „Spiegel“ erscheinen. Als jemand, dessen Äußerungen prägenden Einfluss auf die politische Gemütslage der gesamten Bundesrepublik haben. Am besten noch in einem Atemzug mit einem Regierungschef genannt werden. Zu einer Erwähnung im „Spiegel“, natürlich negativ, habe ich es immerhin schon vor etwa 20 Jahren gebracht. In einem einseitigen Artikel ging es um die Telefonbuch CD-Rom „D-Info“ und einige Prozesse, die ich für die dieses Produkt herausgebende Firma führte. Ein dort veröffentlichtes Zitat und seine Kernthese würde ich heute auch als durchaus diskutabel, wenngleich immer noch als unterhaltsam, ansehen: „Ehrenamtliche Tätigkeiten sind etwas für die Kassenwarte von Pudelzüchtervereinen“.

Obwohl die Äußerung natürlich nicht so schlimm war, wie der Unsinn, den Kathrin Göring-Eckardt (Grüne) jeden Tag mit unerträglicher Betroffenheitsmine von sich gibt (Zur Flüchtlingskrise: „Wir kriegen jetzt plötzlich Menschen geschenkt“) und den die Mehrheit der Mainstreampresse reflexartig beklatscht. Ähnlich wie die Tochter eines Tanzlehrers mit abgebrochenem Theologiestudium sieht es möglicherweise auch die Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Ihre Politik, insb. die wenigen Entscheidungen, die sie tatsächlich einmal trifft, gefährden durchgreifend den Wohlstand, die innere Sicherheit, den sozialen Frieden und die Struktur unserer Gesellschaft (letzteres sieht übrigens auch Göring-Eckardt so: „Unser Land wird sich ändern, und zwar drastisch. Und ich freue mich drauf!“). Energiewende übers Wochenende, kontinuierlicher Rechtsbruch in der „Eurorettung“, Aufgabe der Staatlichkeit der Bundesrepublik und weiterer kontinuierlicher Rechtsbruch in der Flüchtlingskrise.

Als sich „Time“ dann dazu verstand, diese Zwergenkanzlerin durch „Person des Jahres“ zu küren, fiel mir ein großer Afrikaner ein, dem es ebenfalls gelang, sein florierendes Land in die wirtschaftliche und soziale Katastrophe zu regieren. Natürlich ist Robert Mugabe mit Zimbabwe der Kanzlerin weit voraus. Und natürlich werden wir Zustände wie in Zimbabwe in Deutschland bis auf weiteres nicht erleben. Aber wer diesen Artikel liest (frei übersetzt: „Zehn einfache Schritte, sein Land an die Wand zu fahren“), wird durchaus die eine oder andere Parallele feststellen.

Und weil ich mich ärgere, wenn eine so unglaubliche Versagerin wie die frühere FDJ-Sekretärin Merkel von irgendwelchen wildgewordenen Journalisten auch noch ausgezeichnet wird, dann ist es Zeit für einen munteren tweet. So dachte ich jedenfalls. Und schritt dann prompt zur Tat, nicht ahnend, dass weniger als 140 Zeichen genügen würden, mein oben skizziertes, großes Ziel zu erreichen.

Im Leitartikel des aktuellen „Spiegel“, der mit der „Westerwelle“-Ausgabe von vor ein paar Wochen die geringste verkaufte Auflage seit 1989 zu verkraften hatte, schreibt Chefredakteur Klaus Brinkbäumer:

„Der An­walt Joa­chim Stein­hö­fel twit­ter­te über die von „Time“ zur „Per­son des Jah­res“ ge­wähl­te Kanz­le­rin An­ge­la Mer­kel: „Ist das nicht schön? Un­se­re FDJ-Trul­la Per­son des Jah­res. 2016 dann Ro­bert Mugabe.“ Sol­che Wör­ter, sol­ches Ge­schrei zün­den das Land an. Und wenn ein so kom­pe­ten­ter „FAZ“-Mann wie Mi­cha­el Han­feld die sorg­sam re­cher­chie­ren­den Re­dak­tio­nen von ARD und ZDF zum „Willkom­mens-Rundfunk“ er­klärt, zün­delt auch er, denn bei sei­nen Le­sern bleibt die Dif­fa­mie­rung hän­gen. Und mit ihr ent­steht Miss­trau­en.“

Fast noch schöner als die These, ein tweet zünde das Land an, liest sich die Passage über „die sorgsam recherchierenden Redaktionen von ARD und ZDF“, die Hanfeld völlig zurecht und überaus gelungen als „Willkommens-Rundfunk“ bezeichnet hat.

Anstelle von Mißtrauen gegenüber den Redaktionen von ARD und ZDF schwebt Brinkbäumer offenbar Hörigkeit vor. Tatsächlich spielt sich da „Gutmenschen-Gegurke im Parteienauftrag“ ab und so sieht das auch die Mehrheit der Bevölkerung. Nach einer Studie von infratest dimap (im Auftrag der „Zeit“) hat mittlerweile die klare Mehrheit der Deutschen, insgesamt 60 Prozent, wenig (53 Prozent) oder gar kein (7 Prozent) Vertrauen in die Medien. Auch das Allensbacher Institut für Demoskopie misst, dass sich nur ein knappes Drittel der Bevölkerung in den Medien „ausgewogen“ informiert sieht, fast die Hälfte der Bevölkerung empfindet die Berichterstattung als „einseitig“.

Mißtrauen gegenüber den vom Parteienapparat kontrollierten öffentlich-rechtlichen Sendern ist nicht nur nicht gefährlich, sondern aktuell ein Gebot der politischen Vernunft. Brinkbäumer könnte im eigenen Heft einen sehr guten Artikel darüber lesen  („Der öffentliche-rechtliche-Rundfunk ist schon ein Greis, aber er krankt immer noch an einem Geburtsfehler: der Übermacht der Politik und der Ohnmacht des Publikums.“).

Wer immer noch, wie Brinkbäumer, wirklich glaubt, daß die Berichterstattung von ARD und ZDF und „Spiegel“ das Maß der Dinge ist, dokumentiert eine bemerkenswerte Realitätsferne. Die Bevölkerung wendet sich ab, der „Spiegel“ verliert dramatisch an Auflage. Das liegt nicht an Zündelfritzen wie mir, das habt ihr selber zu verantworten.

Und ein Versprechen gebe ich Klaus Brinkbäumer hier und heute in die Hand. Mit dem Zündeln fange ich jetzt erst so richtig an.

© Joachim Nikolaus Steinhöfel 2015

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Kommentare

  1. Josef Hueber

    Steinhöfel ist ein Voltaire unserer Tage. Entlarvung und Vernichtung nackter Kaiser seine überragende Fähigkeit. Wann kommt endlich sein erstes Buch auf den Markt?

  2. Alfons Winkelmann

    Sie haben ja so recht, nur in einem nicht: eine „Betroffenheitsmine“ gibt es nicht – allenfalls eine „Betroffenheitsmiene“. Aber wen solche Marginalien stören … (und wer’s genau wissen will: Miene steht für Gesichtsausdruck, Mine ist ein Bergwerksstollen, ein Sprengkörper oder eine Kugelschreibereinlage). Oder wollten Sie statt „zündeln“ gleich „sprengen“?

    Anmerkung JS: Der Verschreiber ist so schön, den lassen wir drin 🙂

  3. Tango

    Hahahahaha!
    Es könnte sein das ich mit meinen lauten Lachen (muss ich lol-en sagen??) die Nachbarn aufgeweckt habe 🙂
    Herr Steinhöfel, falls Sie mal Hilfe brauchen, bspw. beim Zündhölzer anreichen, meine Unterstützung hätten Sie zu jeder Tages- und Nachtzeit.
    Ich „kenne“ Sie nun erst seit einigen Wochen, aber Ihre Tätigkeiten nötigigen mir größten Respekt ab!!
    Weiter so. Ich muss jetzt mal schauen wie man Twitter installiert 🙂

  4. Gernot Meyer

    Zum Glück(?) haben Sie übersehen, daß das Time Magazine Abu Bakr al-Baghdadi, den ISIS-Paten, auf Platz 2 hinter Merkel gesetzt hat. Der ist doch schon Strafe genug; Mugabe hätten Sie gar nicht bemühen müssen. Aber gut: der Ruhm … 😉

  5. Thomas Schlosser

    Herr Steinhöfel, bitte zündeln Sie weiter, die Streichhölzer und Benzinkanister dazu liefern Ihnen Brinkbäumer, Merkel, Gabriel, Maas und Konsorten quasi frei Haus….!

  6. Sachse

    Das war jetzt aber total politisch unkorrekt – Do!
    Also bitte, bitte weiter so. Verstand vor Gesinnung!

  7. Wilfried Bergmann

    Sowas, der neue Kanzlerkandidat heißt Steinhöfl nehme ich mal an! Wunderbar und weiter so. Biedermann und die Brandstifter in der Version 2016! Die wahren Brandstifter werden bis zum Ende nicht erkannt. Es ist wichtig, dass alle Bürger ab sofort ihre Dachböden sorglichst abschließen. Ich wünsche Dir noch eine schöne Weihnachtszeit Wilfried Bergmann

  8. Volker

    40.000 Übergeschnappte beschließen in Paris, das Klima zu retten und Merkel vorneweg. Wir schaffen das !!!!!!!!!!!!!!!!!!

  9. Von Nettelbeck

    Tja wie recht Herr Steinhöfel mal wieder hat. Schon in ihrem überaus interessanten Buch „Die Patin“ beschreibt Prof. Gertrud Höhler, wie unsere Die von mir wenig geschätzte Bundeskanzlerin die Republik umbaut. Die Pinocciopresse, die mehr und mehr mit gewaschenen Informationen, denn echten aufwartet, gerät mehr und mehr in den Focus der Bevölkerung. Namhafte Journalisten, die es wagten eine eigene Meinung zu formulieren , wurden geschasst. (U.a. Nikolaus Fest bei Spinger) Mehr und mehr kritische Journalisten schließen sich zusammen um diesen Irsinn entgegenzutreten. Alleine das EEG ist in seiner fatalen Wirkung noch gar nicht abzuschätzen.