Denunziation beim Arbeitgeber: CDU-Abgeordneter bedroht Merkel-Kritiker

Es war am Tag des „Sommerinterviews“ der Kanzlerin im ZDF, als sich der CDU-Bundestagsabgeordnete Prof. Dr. Matthias Zimmer in einer facebook-Debatte zu der Bemerkung hinreißen ließ, die Bundeskanzlerin habe mit ihrer „Flüchtlingspolitik“ „alles richtig gemacht“, er sei „stolz auf sie“, auch wenn so „manche Wildsau sich an ihr reibe“.

Ein Kommentator sah das anders:

„Zu dem Thema Einwanderung und Integration macht sie rein alles(!) falsch. Auch der Täter in Reutlingen hätte längst abgeschoben gehört. Der Täter in Brüssel bzw. seine Mitstreiter kamen durchaus durch den Rechtsbruch herein. So wie unzählige weitere Menschen, die beteiligt sind an verschiedensten Übergriffen in diesem Land. Es werden Asylanträge grundsätzlich zu langsam bearbeitet, abgelehnte Asylbewerber werden nicht aktiv und konsequent abgeschoben. Dafür und für eine verfehlte Zuwanderungspolitik ist unerheblich wann genau die Menschen hier angekommen sind. Ganz abgesehen davon, dass integrationspolitisch schon viel länger nichts richtig gemacht wird…Darüber hinaus ist es lächerlich so zu tun, als könne man ihr nur aktive Verfehlungen anlasten. Als wäre es völlig unmöglich gegen die dramatischen Vorgänge, mit denen dieses Land sich abschafft, etwas zu tun und ihre diesbezügliche jahrelange Untätigkeit ‚alternativlos’. Merkel hat gerade auf der PK selber zugegeben, dass ihre Willkommenskultur Terroristen mit hereingeschwemmt hat…Wir haben dieses Land mit Fundamentalisten, Frauenhassern, Demokratiefeinden, Rassisten, Faschisten und Antisemiten überschwemmt. Übergriffe sexueller und gewalttätiger Art sind an der Tagesordnung. Eine riesige Parallelgesellschaft bildet sich seit Jahren heraus und wurde nun noch gemästet.“

Die vollständigen Kommentare von Herrn Sensebusch, der mit seiner skeptischen Einschätzung der Kanzlerin aktuell weißgott nicht allein ist, sind hier (in den über 50 Antworten auf den Kommentar von Zimmer vom 28.07.2016, 10:13 Uhr) zu finden. Sie bewegen sich sämtlich im Rahmen der verfassungsrechtlich verbürgten Meinungsfreiheit und verletzen weder Persönlichkeitsrechte noch Strafvorschriften.

Der Professor aus Frankfurt, offenbar Widerspruch nicht gewohnt, ließ sich trotzdem zu Drohungen hinreißen, die eine strafrechtliche Prüfung der Tatbestände von Nötigung und Beleidigung als erfolgversprechend erscheinen lassen. Zunächst kündigte er an:

„Ja, dann werde ich ihren Arbeitgeber mal fragen, ob das denn betriebstypisch ist was Sie da absondern.“

Und fragte kurz später, am 28. Juli um 15:28 Uhr, auf seinem eigenen Profil:

„Eine Frage zur FB-Etikette: Wenn jemand in seinem Profil seinen Arbeitgeber angegeben hat und dann in Kommentaren gegen Ausländer hetzt: Ist er dann eine reine Privatperson oder muss sich sein Arbeitgeber diese Kommentare zurechnen lassen?“

Es ist lediglich den hohen akademischen Weihen des Professors aus Frankfurt und dem Respekt vor einem Bundestagsabgeordneten geschuldet, diese Frage und auch die Auswahl des Forums nur als überaus töricht und nicht als peinlich und juristisch gänzlich inkompetent zu bezeichnen.

Das Bundesarbeitsgericht betont in ständiger Rechtsprechung, dass das Grundrecht der Meinungsäußerungsfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 Grundgesetz für eine freiheitlich demokratische Staatsordnung konstituierend ist. Es gewährleistet eine der wesentlichen Äußerungsformen der menschlichen Persönlichkeit. Mit der überragenden Bedeutung des Grundrechts der Meinungsäußerungsfreiheit wäre es unvereinbar, wenn das Grundrecht aus Art. 5 Abs. 1 Grundsetz in der betrieblichen Arbeitswelt, die für die Lebensgrundlage des überwiegenden Teils der Bürger wesentlich bestimmend ist, gar nicht oder nur eingeschränkt anwendbar wäre, vgl. Bundesarbeitsgericht, Urt. vom 24.11.2005, 2 AZR 584/04. Dies gilt natürlich erst Recht, wenn, wie hier, die Äußerungen außerhalb der betrieblichen Arbeitswelt und ohne jeden Bezug zu dieser erfolgt sind.

Ich habe den Professor aus Frankfurt angeschrieben und um Antwort auf einige Fragen gebeten:

Meinen Sie, in den Kommentaren von Herrn Sensebusch justiziablen Inhalt lokalisiert zu haben? Wenn ja, welche Äußerung genau hat dann welche Rechtsvorschrift verletzt?

Halten Sie es grundsätzlich für richtig, einem Bürger, der sein in Art. 5 GG verbrieftes Recht in Einklang mit den deutschen Gesetzen wahrnimmt, „Hetze“ vorzuwerfen?

Ihre Ankündigung, den Arbeitgeber von Herrn Sensebusch auf dessen Äußerungen aufmerksam machen zu wollen, drängt den Eindruck auf, sie wollten jemandem berufliche Probleme bereiten, weil dieser anderer politischer Auffassung ist, als sie. Halten Sie es für ein zulässiges Instrument im politischen Meinungskampf, jemanden möglicherweise sogar existenziell (denkbare arbeitsrechtliche Folgen) zu bedrohen, wenn Ihnen dessen Meinung nicht gefällt?

Darf ein Abgeordneter des Deutschen Bundestages Bürger auf diese Art öffentlich einzuschüchtern versuchen?

Wie bewerten Sie ihre Ankündigungen, den Arbeitgeber von Herrn Sensebusch zu „informieren“ vor diesem, Ihnen ganz offensichtlich unbekannten Hintergrund der ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung?

Die Anfrage wurde dem Professor aus Frankfurt unter seiner e-mail-Adresse im Bundestag zugestellt. Sein Büroleiter Hoff erhielt zeitgleich eine Kopie. Eine Antwort ging mir nicht zu. Allerdings fand Professor Dr. Zimmer in dem Zeitraum zwischen Anfrage und Fristablauf Zeit, mehrfach bei facebook zu posten und dort u.a. über seine Fraktionskollegen Bosbach, Ramsauer und Friedrich herzuziehen.

© Joachim Nikolaus Steinhöfel 2016

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Kommentare

  1. FranzRichard

    Zur kanzlereschen Einlassung kann man geteilter Meinung sein wenn man unterstellt das Merkel eben glaubt alles richtig zu machen und sich da ihre Sympathisanten anschließen egal mit welcher akademischen Bereicherung!

    Auf jeden Fall scheint die Kanzlerin das Recht in Germany als Person darzustellen wenn sie islamische Flüchtlinge der unterschiedlichsten Definitionen ins Land holt und dies zu solchen politisch strategischen Diskussionen führt!

    So könnte man auch behaupten jeder hat recht, aber einbisschen mehr wer eben die politische Macht hat !

    Wenn hier das GG zitiert wird sollte man immer bei Merkel rückfragen, denn sie stellt klar was diese Artikel 3 1+ 3 Art. 4 1+2 und Art. 5 1+ 3 letzteres Treue zur Verfassung, na ja soll eben im GG so sein ! 🙂

    Sagt Merkel der Islam, also auch die Flüchtlinge gehören zu Deutschland, ist das politisch übersetzt “ Recht gesprochen „. so macht sie alles richtig Art. 3 Absatz 3 !

    Anwälte und Richter haben das längst erkannt und lassen das Recht nach Gerechtigkeit schreiende per Urteile, wo die Verantwortung einer kriminellen Tat eines islamischen Neubürgers der deutschen Gesellschaft angelastet wird, schließlich weis er das er in Deutschland klauen kann und die Hand behalten wird!

    Hoffend der Unverständlichkeit auf das endlich der dazu gehörende Islam mit seiner Scharia Rechtsprechung für kriminelle islamische Menschen entsprechende Richter ihre Tätigkeit beginnen mögen !

    Nun wer dagegen etwas hat kann nur ein Hetzer sein der gegen eine imaginäre
    “ Verfassung “ verstößt, soll es doch mit Merkel voran gehen und geschafft werden!

    Insofern ist jeder Widerstand auch von „über dem Bürger“ stehenden Abgeordneten strafbewehrt !

    Also bitte stört die Kanzlerin nicht mit solchen juristischen „Nebenschauplätzen“
    beim Versuch der Realisierung ihrer Träume!

  2. Ulf Mönkemeyer

    Man könnte ja auch den Spiess einmal umdrehen und die Frage stellen, ob es mit der Ethik seiner Universität noch vereinbar ist, einen potentiellen Denunzianten in seinem Lehrkörper zu haben. Da sich sicher niemand auf diese unterste Ebene stellen möchte, bleibt die Frage aus. Als Politologe muss er die Vorlesungen über die Frankfurter Schule, Habermass, Bloch und Co geschwänzt haben oder aber deren Ideale sind wirkungslos an ihm abgeprallt.

  3. Ines Koch

    Dieses Gebaren folgt dann, wenn der Protagonist meint er sei der Gutsherr und nicht nur der Verwalter. Es ist an der zeit den MdB klarzumachen, da sie zum zweiten gehören. Deutschland ist nicht das Land der Politiker. Deutschland ist das Land des deutschen Volkes. Er hat im Auftrage der Wählerschaft zu handeln und ist letztlich Bittsteller gegenüber der Wählerschaft.

  4. Andreas Schneider

    Hallo, inhaltlich gehe ich mit allem mit. ‚Finde ich gut. Ein Punkt: Die Gesetze sprechen von der „freiheitlichen demokratischen Grundordnung“ nicht von „freiheitlich demokratisch“ oder „freiheitlich-demokratisch“. Das ist eine ganz andere Bedeutung. Viele Politiker, z. T. auch Minister und sog. Innenexperten, reden immer von „freiheitlich-demokratischer Grundordnung“, wohl auch, da sie das mit der Freiheitlichkeit nie verstanden – geschweige denn verinnerlicht – haben…

  5. Onkel Dapte

    Sehr geehrter Herr Zimmer,
    ich gehe davon aus, daß der Post etwas weiter unten nicht von einem Troll kommt.
    Ich habe auf Ihrer Internetseite quergelesen und mich bei Wiki informiert. Sie sind Politik“wissenschaft“ler und haben den Lebenslauf eines angepaßten Apparatschiks und die Attitüde unbedingten und unreflektierten Gehorsams gegenüber Ihrer Chefin. Auf Ihrer Seite lese ich nichts als die allgegenwärtigen, flachen Plattitüden, die mir immer solches Unbehagen bereiten, dazu Ihre Jubelarien auf die Integration der „Flüchtlings“lawine und natürlich die obligatorische Denunziation der AfD. Von einem EINEM Professor angemessenen tiefschürfenden Intellekt ist nicht ein Hauch spürbar. Sie sind genau ein solcher Politiker, wegen denen ich Ihre Partei heute nicht mehr wähle.
    Ihre Entschuldigung, Sie hätten sich zu der von Herrn Steinhöfel zitierten Bemerkung „hinreißen“ lassen wegen der „Enthemmung der Kommunikation“, zeigt wenig Einsichtsfähigkeit, denn gerade an Leute, die mit ihren akademischen Titeln eine gewisse Respekterwartung verbinden, muß eine höhere Meßlatte angelegt werden. Und ich bin mir völlig sicher, zu Ihrer Bemerkung, die Herr Steinhöfel zurecht beanstandet hat, haben Sie sich nicht hinreißen lassen, das war Ausdruck Ihres Denkens. Immerhin haben Sie erkannt, daß die Zeit für solcherlei Vorgehen gegen Andersdenkende noch nicht ganz reif ist.
    Nein, auf Politiker wie Sie können wir in Deutschland verzichten.

  6. Maik24

    Die neueste Sanktionsidee des Herrn Maas: ein bis sechs Monate Fahrverbot statt Geldstrafe. Lt. Polizeigewerkschafter Wendt auch gerne und vor allem bei „Hatespeech“. Da sucht man sich wohl besser eine nahe Arbeitsstellem wenn man an freie Meinungsäußerung glaubt.
    Die wird es ja wohl geben: Wenn 1 Mio Migranten problemlos in den Arbeitsmarkt integriert werden können, müssen „Generation Praktikum“ und die Notwendigkeit von Mindestlohn ja längst verstaubte Geschichte sein.
    Aber für Querulanten mit kurzen Arbeitswegen findet sich sicher auch bald eine hübsche Sanktion.

  7. Fritz Länger

    Der „Arbeitgeber“ dieses windigen Professors ist ja wohl der Wähler. Was sagt der wohl zu den Machenschaften seines gutbezahlten Mitarbeiters?

  8. Dietrich von Schwarzen

    Erschüttert über die Drohgebärden des Systems und seiner Domestiken stehe ich nun vor der Frage: „Vertritt der Herr Professor noch die moralischen Werte der Demokratur oder ist er bereits ein Vertreter der Diktatie?“

  9. Onkel Dapte

    Selbst bei großzügigster Beurteilung hat der Professor die rote Linie überschritten, wenn er damit droht, den Arbeitgeber eines Andersdenkenden zu informieren, oder soll ich sagen, ihn zu denunzieren. Dieser Mann ist somit eine Schande für die Restdemokratie, eine Schande für jeden aufrichtigen Deutschen, und er steht symptomatisch für die Regierung.
    Angenommen, jemand käme auf die Idee, die Vorgehensweise des Professors mit äquivalentem Verhalten von Nazis im 12-jährigen Reich zu vergleichen, ließe sich das dann so einfach widerlegen?
    Nein, die Deutschen haben nichts dazugelernt, nicht einmal dieser Professor.
    Ich würde mir wünschen, daß Herr Sensebusch versucht, die Sache vor Gericht klären zu lassen und ein Schmerzensgeld einklagt.

  10. reiner tiroch

    hehe…. Merkel hat also alles richtig gemacht? in der Afrika-Konferenz Okt. 2015 hat sie alle jungen Afrikaner zu uns eingeladen um 2 Wo später davor zu warnen, dass 200 Mio kommen wollen wobwi die hläfte Aids hat? Afghanen per Plakatwerbung zu uns einladen und Maiziere warnt sie sollen daheimbleiben und Mio sitzen auf gepackten Koffern? 5 Mio Kurden wollen rein uvam. alles wird bestritten, und der lausige Prof. geht auf Kritiker los? ich sage AFD 65% und ihr 3%

  11. Nun hat Ihnen der Herr Zimmer ja doch geantwortet, lieber Herr Steinhöfel. Natürlich ist in den Kommentaren nichts Justitiables. Allerdings, zu DDR Zeiten war auch vieles nicht justiziabel und wurde dennoch erfolgreich angewandt. Die Drohung mit der Information des Arbeitgebers gehörte dazu. Meine Tochter studiert Jura und in ihrem Umfeld ist es unter den Studenten längst gängige Praxis bei Facebook o.a..zurückhaltend bezüglich Systemkritik zu sein, falls man den öffentlichen Dienst als Arbeitsfeld in Erwägung zieht. Meine Kinder verstehen jetzt sehr gut wie Diktatur im einzelnen funktioniert. Ich dagegen hatte mir erhofft, dass sie das nur aus dem Geschichtsunterricht erfahren sollten. Legen Sie weiter den Finger in die Wunde, Danke, Herr Steinhöfel.

  12. Matthias Zimmer

    Sehr geehrter Herr Steinhöfel,

    ich bin nicht der Meinung, dass in den Kommentaren des FB-Nutzers etwas „justitiabel“ ist. Ich glaube aber auch nicht, dass es der normalen Etikette entspricht, mir zu unterstellen, ich agiere am Rande einer Psychose oder gehöre, weil ich eine bestimmte Meinung vertrete, nicht in ein Amt (genauer: ein Mandat). Diese Formen der Enthemmung der Kommunikation empfinde ich als bedauerlich, weil sie keinen Raum mehr für Argumente lassen.
    Ich habe mich selbst dann zu meinem Bedauern zu der Äußerung hinreißen lassen, die Sie aufgegriffen haben. Dabei ging es mir nicht darum, einen Arbeitgeber zu informieren, sondern darum, ob diese verbalen Angriffe unter die Gürtellinie auch dann erfolgt wären, wenn sie namens des Arbeitgebers erfolgt wären oder mit seinem Wissen. Das war insofern falsch formuliert.
    Mit freundlichen Grüßen

    Matthias Zimmer

  13. Weder ein echter noch ein vorgetäuschter noch ein erschlichener akademischer Titel können anständige Arbeit im Bundestag garantieren.