Terrorfahndung, Volksverdummung und der Gebührenzahler

Riduan Isamuddin - Der Killer von Bali 2002. Gefasst dank TFTP.

Riduan Isamuddin - Der Killer von Bali 2002. Gefasst dank TFTP.

Seit einigen Tagen erlebt man in Zusammenhang mit der Berichterstattung über das Terrorist Finance Tracking Program (TFTP) und den Zugriff der US-Geheimdienste auf einige der über SWIFT abgewickelten Geldtransfers einen wütenden Amoklauf der deutschen Politiker und Medien.

„Im Blitzverfahren“ werde der Aktionsraum von US-Terrorfahndern „massiv ausgeweitet“, von „hoch sensiblen Bankdaten“ ist die Rede und von „amerikanischen Schnüfflern“, die „den kompletten Zahlungsverkehr ausspionieren“ dürften. Es gebe keine tragfähige Rechtsgrundlage (Unsinn !) und man „befürchte Missbrauch“ (alles aus „Spiegel Online“). Klaus Kleber hielt es am 27-07-2009 im „Heute Journal“ für relevant, dass der Server von SWIFT in den USA derzeit noch nicht weit entfernt vom Sitz der CIA stehe („Ganz in der Nähe wohnt auch die CIA“). Der „Terrorismusexperte“ des ZDF durfte ungestört behaupten, mit Hilfe des Programms sei überhaupt erst eine Festnahme gelungen. Der frühere Landwirtschaftsminister und jetzige Terrorexperte der CSU, Horst Seehofer, spricht von „absolutem Unding“ und „Skandal“, Guido Westerwelle (FDP) erachtet das TFTP als „völlig inakzeptabel“ und fordert: „Dieses Vorhaben muss gestoppt werden“. Der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar glaubt, dass „die Amerikaner“ in Zukunft auch Überweisungen von Hamburg nach Köln überwachen. Auch Daniel Cohn-Bendit hat irgendetwas gesagt, was sinngemäß auf Putsch im Europaparlament hinausläuft. Er kann halt nicht aus seiner Haut.

Es ist selbst für Deutschland bemerkenswert, mit welcher Skrupellosigkeit Unwahrheiten auf Leser, Zuschauer und Gebührenzahler abgefeuert werden. Welche Ballung von Paranoia, Hysterie und Ahnungslosigkeit.

Das TFTP ist ein seit 2001 installiertes, zunächst geheimes Programm, dass die USA mit Belgien, Spanien und weiteren europäischen Ländern installiert haben, um die Geldflüsse von Terrornetzwerken aufzuspüren. Es wurden keinerlei Gesetze gebrochen und weitreichende Vorkehrungen getroffen, um nicht in Bürgerrechte einzugreifen.

Im Kampf gegen Terrornetzwerke nützt einer Supermacht ihre militärischen Übermacht nichts. Der Konflikt gilt nicht der Vernichtung von Armeen, sondern von Zellen. Die Herausforderung ist, diese zu finden. Der geheimdienstliche Zugriff auf Geldströme, die Herkunft der Zahlungen, die mutmaßliche oder bekannte Terroristen erhalten oder die Verfolgung der Geldströme von den Diensten bekannten Terrorsponsoren ist hierbei von existenzieller Wichtigkeit. Mit Hilfe von TFTP ist es gelungen, über die Geldströme Verbindungen von potentiellen Terroristen und deren Unterstützern zu entdecken.

2006 hat die New York Times trotz eindringlicher Bitten der US-Regierung, führender Senatoren der Republikaner und der Demokraten sowie des Vorsitzenden der 9/11-Kommission das Programm bekannt gemacht, seine Wirksamkeit und damit, besessen von seiner Abneigung gegen die Bush-Administration, erneut die nationale Sicherheit der Vereinigten Staaten und anderer Länder gefährdet.

Zuvor gelang mit Hilfe des Programms die Aufdeckung zahlreicher Zellen, von Geldwäsche für al Qaida sowie die Verhaftung des Top-Terroristen Riduan Isamuddin (häufig als der Osama bin Laden Südostasiens bezeichnet), einem Hauptdrahtzieher des Anschlags von Bali 2002, bei dem über 200 Menschen ermordet wurden.

Eine Einschätzung des Niveaus des Terrorismusexperten des ZDF, der all diese Details verschweigt und von lediglich „einer Verhaftung“ spricht, fällt vor dem Hintergrund der Fakten nicht schwer. Ohne TFTP wäre der Massenmörder Isamuddin noch auf freiem Fuß. Offenbar kein Problem für Elmar Theveßen, es sind ja schließlich auch noch Datenschutzinteressen tangiert.

Klaus Kleber begann seine Anmerkungen im gestrigen „Heute Journal“ mit der Frage: „Wussten Sie, dass die CIA zuguckt, jedes Mal wenn Sie Geld nach Spanien überweisen ?“  Wie selbst die New York Times in ihrem Artikel aus dem Juni 2006 einräumte, war das Programm darauf beschränkt „Transaktionen von Personen mit mutmaßlichen Verbindungen zu al Qaida zu verfolgen“. Also nicht „Ihre“ Überweisung „nach Spanien“ und schon gar nicht „jedes Mal“. Die Agenten sind nur befugt, um Informationen von SWIFT nachzusuchen, wenn ihnen geheimdienstliche Informationen vorliegen, die bestimmte Individuen mit al Qaida in Verbindung bringen. Sie müssen diese Informationen zu jedem einzelnen Vorgang dokumentieren und die Daten jedes einzelnen Suchvorgangs archivieren. Ein Gremium von unabhängigen Revisoren verschiedener Banken überprüft die Suchanfragen um sicherzustellen, dass lediglich die Überweisungen von Terrorverdächtigen verfolgt werden. Jede Verwendung der Daten zum Zwecke der Verfolgung anderer als terroristischer Straftaten, also zb für Drogenhandel, Geldwäsche, Steuervergehen usw. ist untersagt. Die damalige US-Administration hat darüber hinaus führende Senatoren beider Parteien sowie die 9/11-Kommission über das Programm informiert.

Die Fakten und Hintergründe wurden dem deutschen Publikum vollständig verschwiegen. Ein kapitales journalistisches Versagen unserer Medien und der Politiker, die sich zu diesem Thema äußerten, von dem sie offensichtlich nichts verstehen. Den „Spiegel“ müssen sie nicht kaufen, aber die Volksverdummung des ZDF bezahlen Sie mit Ihren Gebühren.

© Joachim Nikolaus Steinhöfel 2009

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Kommentare

  1. Ute

    Herr Steinhöfel, glauben Sie selbst, was Sie hier schreiben? Die sogenannten „Volksvertreter“ der Staaten USA und Israel, die nachweislich am Aufbau von Terror-Netzwerken beteiligt sind, aber so tun, als ob sie diese verfolgen, haben ganz andere Intentionen. Die Kontobewegungen sind Teil des Überwachungsstaates. Man will wissen, wo die normalen Gelder hingehen.

    Und nicht nur: „Broder neutral bleiben“, auch Steinhöfel: „Neutral bleiben“

  2. Alain

    Es ist zu vermuten, dass die Gegner dieser Art der Forschung Leute sind, die entweder viel Geld internatonal bewegen, und in Deutschland oder EU-Ländern beheimatet sind, oder Leute, die deren Interessen artikulieren, aber es sind auch Leute, die zusätzlich zu dieser Beschäftigung eine offensichtliche Besorgnis hegen angesichts der Vorstellung, dass es einen Beobachter ihrer Aktionen geben könnte. Das verweist auf den möglichen Grund der Besorgnis.

    Für einen Beobachter, der diese Besorgnis nicht teilt, ist zwar eine gewisse Schadenfreude möglich, aber es lohnt wenig sich damit aufzuhalten. Etwas anderes ist, ob man sich deshalb schon zu den Befürwortern solcher Überwachung zählen kann, oder gar bereit ist, sich literarisch für diese Sichtweise bzw. die sie begleitenden Aktionen zu engagieren, zumal gerade dann, wenn man grundsätzlich der Ansicht ist, dass mögliche unlautere oder gar kriminelle Machenschaften eine Überwachung verdienen, und man den Eindruck nicht los wird, dass mindestens einige derer, die man gern in die Überwachung und Belangung einbezogen sähe, von ihr nicht mit erfasst werden.

    Das Problem ist ja auch literarisch alt und dramatisch bekannt, als Problem der Selbstimplikation der Fahnder und Überwacher und Verfolger in den Objektbereich ihrer Fahndung, Überwachung und Verfolgungsunternehmen, und die komische Variante ist in Kleist’s ‚Der Zerbrochene Krug‘ behandelt. Die Komödie verdeckt allerdings eine weit schärfere und grundsätzlichere Problemstellung, und es ist eine Herausforderung der Bildung des Lesers, zu sagen, unter welchem Titel die bekannt ist.

    Es ist schwer zu sagen, ob hier Grenzen dessen wirklich überschritten werden sollen, die man allgemein im Rahmen der Anerkennung der Unumgänglichkeit einer ordnenden Kontrolle akzeptieren muss, aber immerhin erscheint in der Diskussion das allgemeine Problem der Unumgänglichkeit ordnenden Kontrolle (Staat) und der Kontrolle der Kontrolleure, das auch aus anderen Problemstellungen bekannt ist, die sich oft zu leicht an bereits nachgeordneten Fragen entlang von Bruchlinien orientieren, die die Automatik des Verfeidungszwangs setzt, ohne dass sich auf diese Weise das Problem angemessen besprechen liesse, denn ganz gleich, auf welcher Seite der Frontlinien man sich dann befindet, hat man auf beiden (oder mehr) Seiten der fraktionierten Positionierungen dann doch das grundsätzliche Problem immer noch nicht erfasst, indem man es bloß als Balken im Auge des Anderen erkennt.

    Die Fraktionen sind ja nichts als Vertiefungen von Spaltungen in einem mehrstimmigen Reaktionszusammenhang, in dem sich die Positionen aufgrund der oft bewußt nicht kontrollierten Dynamik ausdifferenzieren, und auf einmal findet man sich entweder als Erzreaktionär, als Konservativer, als Liberaler, als Linker oder als Extremist auf dem einen oder anderen Pol wieder, indem man sich im Eifer des Gefechts aus einem kulturellen Zusammenhang auf eine politische Fraktion in deren Rhetorik reduziert sieht.

    Da kann es dann ganz gut sein, sich gelegentlich darauf besinnen, dass der Homo sapiens von seinem Erfolg her das mit Sicherheit gefährlichste und klügste Raubtier ist, das diesen Planeten jemals bevölkert hat. Es gibt mit Sicherheit, außer den Schaben und den Mikroben, keine andere Lebensform, die das nicht bestätigen würde. Und das kann man bewundern oder bedauern, aber man sollte es nicht verleugnen. Sonst kann man sich Spielbergs Machenschaften anschliessen.

    Es ist angemessen, sich der Gefährlichkeit der Bestie bewußt zu sein, von deren Art man ein Gattungsexemplar ist. Das kann beruhigend wirken, jedenfalls kann es dem Größenwahn etwas dämpfend entgegenwirken.

    Verkürzt lautet das: Es ist nie gut, wenn das Denken von zu viel Testosteron angefeuert wird. Das ist an dem Fall des Streits zwischen den beiden ‚Bankern‘ ganz gut deutlich werden, die, der eine in einer Regierungsfunktion, der andere als ‚Boss‘ von Lehmann, die Auslöser der so genannten ‚Finanzkrise‘ wurden, indem sie sich in deren Vorfeld als Testosteronmonster aufführten.

    Nebenbei verweist das Beispiel wiederum auf das Dialogische an der Dynamik der Vollzüge, selbst in der Perversion, die sich ja nur, sich darauf aufsetzend vollzieht, durch die Handelnden hindurch.

    Lustig, das…, aber andererseits…hat diese Dynamik auch etwas Verzweifeltes angesichts der Resultate, die meist wenig zu tun haben mit den bewußten Absichten der Protagonisten, im Einzelnen ebenso wie im Allgemeinen, und es ist doch eigentlich diese Ebene, von der aus man die Sachverhalte um die es geht nicht nur betrachten, sondern auch entscheiden können sollte.

    Es gibt also anscheinend stets etwas, das sich selbst der besten Absicht jeder legitimen Kontrolle oder Diskussion bzw. jedem solchen Handeln entzieht und erst in den Resultanten zutage tritt. Und es wäre vielleicht gut, wenn man diese Beobachtung zur Grundlage der Kritik an der Politik wenigstens mit in Betracht zieht. Man käme dann auch etwas leichter vorbei an der Versuchung, sich zu der Regression hinreissen zu lassen, die in der Kritik der Person des Repräsentanten meint den Kern der Politik selbst, der diese Konkretheit nicht hat, erfasst zu haben, also etwa indem man die Person des Außenministers, die Person des Präsidenten der USA, und nicht die US- oder die Außenpolitik der EU oder ‚Deutschlands‘ (was immer das sei) betrachtet und daran meint Wesentliches erkennen zu können. Die Repräsentation der Politik ist aber eine Funktion, und man kann sich dann wohl in Kritik der Rollendarstellung ergehen, aber das trifft eben nicht den Kern. Es ist, als wollte man das Drama analysieren, indem man sich auf die Darstellung des Schauspieler in einer der Rollen konzentriert.

    Das kann nicht zum Ziel führen.

    :–)

  3. Justus

    PS: Bin durch einen Link auf diesen BLOG gestossen. Gratuliere! Erfrischende Beiträge mit interessanten Fakten zu wichtigen Themen. Schade dass führende Presseleute in Deutschland diesen BLOG nicht lesen, denn dann würden sie weniger Schwachsinn verbreiten. Oder verschweigen sie diese die Fakten vorsätzlich? Ein Schelm wer hierbei schmunzelt. Manchmal fragt man sich als normaler Bürger wirklich, ob unsere Presse so dumm und naiv ist, oder abgeschlagen und verkommen; denn der Schaden den diese Faktenverdreher in Print und TV anrichten, ist immens. Zum Nachteil unseres Landes. Man sollte sie nach Kuba zu ihren Gesinnungsgenossen verbringen!

  4. Justus

    Typisch (Sensations-)Presse. Die gepriesene NYT hat wie fast alle Anzeigenverkäufer mit angehängten Sensationsnachrichten ohne Rücksicht auf Verluste Fakten veröffentlicht, die mehr schaden als nutzen. Die Presse fabuliert oft mit dem sogenannten Interesse der Öffentlichkeit, schehrt sich jedoch selbst keinen Deut darum. Hauptsache Auflage. Und unser GEZ-gestützter Verdummungskanal (ZDF) brilliert wie immer mit Halbwahrheiten und Faktenverschweigen. Meine Meinung zu diesem Thema ist sehr einfach: Ein Staat, der sich an alle Spielregeln hält, geht über kurz oder lang unter, weil die Gegenseite es nicht tut. Ja ich weiss, Gutmenschen würden mit Terroristen einen Gesprächskreis gründen, um sie mit Argumenten zu überzeugen. Halt normales 68-er Denken.

  5. Jochen Trebmann

    Ich finde es viel schlimmer, wenn Steinbrück auf meinem Konto rumschnüffelt. Das ist nämlich mit dem Grundgesetz und meinen Bürgerrechten unvereinbar. Aber was interessiert in der DDR-II schon Verfassung und Bürgerrecht? Da gibt es schon eine Annäherung an DDR-I unter der FDJ-Kanzlerin.

  6. liberalissimo

    Warum regen sich deutsche Politiker über die SWIFT Angelegenheit auf, wo doch das Finanzamt jederzeit Zugriff auf deutsche Bankkonten hat?

  7. Andrej

    dann, cracker, immer schön auf die payback oder loyalty card aufpassen. am besten, zu hause an der wand ganz fest angenagelt, das ding!