Hitler war wenigstens ehrlich

Ein vor sieben Jahren in der FAZ erschienener Text von Ralph Peters („Der Tom Clancy des denkenden Mannes“, Wall Street Journal). Selten findet man so viele Volltreffer in so wenigen Zeilen. Und es gibt kaum etwas, das man 2010 zurücknehmen müsste.

Die Gesellschaften des „alten Europa“ erinnern Amerikaner an die arabische Straße. Die Europäer halten sich lieber an tröstliche Illusionen als an harte Realitäten. Sie reden viel, tun wenig und machen die Vereinigten Staaten für ihre eigenen Mißstände verantwortlich. Die Sprechchöre, die man kürzlich auf den Straßen Berlins hören konnte, unterschieden sich kaum von denen, die bis vor kurzem in Bagdad zu hören waren. Das Jammern und Klagen in Europa, die Begeisterung, mit der man den Amerikanern jede erdenkliche Bosheit unterstellt, während man alle Tugenden für sich beansprucht, und der erstaunliche Mangel an Selbstkritik lösen bei den Amerikanern Bestürzung aus. Wir dachten, ihr wäret erwachsen, aber von der anderen Seite des Atlantiks aus wirkt ihr wie verzogene Kinder…

Bundeskanzler Schröder hat uns erstaunt. Wir wußten schon lange, daß er ein politischer Scharlatan ist, aber das Ausmaß seiner Demagogie und seine amateurhafte Unfähigkeit, die Folgen seines Geschreis vorauszusehen, haben uns denn doch verblüfft. Wir sehen in Schröder einen Mann, der keinerlei Überzeugungen besitzt, ein politisches Tier von solcher Verkommenheit, daß er allenfalls den europäischen Karikaturen amerikanischer Schmalspurpolitiker ähnelt. Sein opportunistischer Antiamerikanismus schien nur auf Effekt aus zu sein, ohne jede Substanz und von keinem echten Glauben getragen.

Doch in anderer Hinsicht erwies Schröder sich als echter Europäer. Er kritisierte, aber bot keine eigenen brauchbaren Lösungen an. Er stellte Schlagworte über Ideen und Bequemlichkeit über ethische Belange. Und er gab kleinlichen Egoismus als politisches Heldentum aus. Welche Eigenschaften könnten das Europa des einundzwanzigsten Jahrhunderts besser charakterisieren?

Weiter hier.

Kommentar abgeben

Weitere Informationen und Widerrufshinweise finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.

Kommentare

  1. andrej

    Gut:
    Als Hitler seine 25 Punkte veröffentlichte, war ein Sozialdemokrat Präsident, ein Sozialdemokrat Kanzler, und die Regierung bestand aus einer Koalition von SPD, Linksliberalen und Zentrum. Die sogenannte Weimarer Koalition.
    Entweder waren das dann wohl alles keine Demokraten, oder Hitler wollte irgendwie insbesondere die SPD in der Bildungspolitik links überholen…

    Sozialkunde=Staatsbürgerkunde…schon klar. Ich war ja auch mal in der Schule. Unsere Sozialkundelehrer hatten das Ziel, uns den Westen möglichst madig zu machen. Ob der Staatsbürgerkundelehrer auch den Osten kritisch sah, da hab ich Zweifel. Ausserdem hatte ich im Studium im Westen irgendwie das Pendant zum Marxismimus-Leninismus-Pflichtfachs vermisst…

  2. Thilo Schmidt

    @andrej

    Tun Sie mir die Liebe und beziehen Sie Sich doch einmal auf die unübersehbar als entscheidend gekennzeichneten Punkte – Kommentar 26 ist der Punkt, der geklärt werden muss, bevor wir hier irgendwie weiterkommen.

    Zu Ihrem letzten Kommentar: Oben ging es um Chancengleichheit im Bildungswesen – und die bejaht meines Wissens jeder demokratische deutsche Politiker – wenn nicht, beweisen Sie mir das Gegenteil, – wenn Sie jetzt plötzlich meinen, auf die Staatsbürgerkunde abheben zu müssen, kann ich da nichts für.

    Im Übrigen gibt es dergleichen sehr wohl im demokratischen Deutschland, das heißt nur anders (Sozialkunde, Politik / Wirtschaft, Sozialwissenschaften …) – Glauben Sie mir, ich weiß, wovon ich spreche …

  3. andrej

    Falsch, Herr Schmidt. Lesen wir mal genauer, was der Gröfaz gelehrt wissen wollte:
    „Das Erfassen des Staatsgedankens muß bereits mit dem Beginn des Verständnisses durch die Schule (Staatsbürgerkunde) erzielt werden.“
    Naja, also im Westen, soviel zu „JEDER demokratische Bildungspolitiker“,
    gab es keine „Staatsbürgerkunde“ in der Schule…

  4. Thilo Schmidt

    @andrej

    Wg. Israel: Sie haben mich missverstanden: Es habe nicht von einer „Weltmacht in Nahost“ gesprochen, sondern vom „Verbündeten (also Israel) einer feindlichen Weltmacht (hier ist die Rede von den USA) in Nahost“.

    Des Weiteren ging es im Text nicht um die Bedrohung des Ostblocks durch Israel, sondern um die feindliche Stellung Israels und der sowjetischen Verbündeten im Nahen Osten zueinander.

  5. Thilo Schmidt

    @andrej

    Wenn Sie wissen wollen, worauf es den Nazis ankam, haben Sie es recht bequem: Die haben Deutschland immerhin über 12 Jahre lang regiert, da wird sich doch wohl noch ermitteln lassen, was sie gewollt haben … Ein Parteiprogramm von 1920 ist im Vergleich dazu doch ein bisschen matt.

    Ansonsten glaube ich langsam verstanden zu haben, wie Ihr Leib- und Magengedanke geht: „Adolf Hitler wollte etwas (z.B. Bildung für jeden leistungsbereiten, begabten Bürger), irgendein echter oder vermeintlicher Sozialist wollte das Gleiche, also sind Faschismus und Sozialismus dasselbe. Dass buchstäblich JEDER demokratische Bildungspolitiker ebenfalls haargenau dasselbe will, interessiert mich hingegen überhaupt nicht, weil ich den ja nicht in das Kollektiv der verdammungswürdigen Menschheitsfeinde / Linken eingemeinden will.“

    Habe ich es einigermaßen getroffen? – Wenn ja, dann können wir es auch mal wieder gut sein lassen…

  6. andrej

    Übrigens, Herr Schmidt,
    angesichts der folgenden Zahlen:
    „Nach Berechnung von Josef Stalins Oberkommando („Stawka“) stehen einer Million gefallenen und über 3 Millionen in Kriegsgefangenschaft geratenen Soldaten 16 Millionen Sowjetbürger im waffenfähigen Alter gegenüber. 1942 soll die Truppe auf 9 Millionen Mann in 400 Divisionen aufgestockt werden*“
    kann ich Ihren Satz von der „feindlichen Weltmacht in Nahost“ in Bezug auf
    Israel bestenfalls als lächerlich bezeichnen.
    Auch wenn Sie was anderes „insinuieren“ wollen, der Ostblock war durch Israel `67 ungefähr so bedroht wie ein kapitaler Hecht durch einen Stichling.

    *http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-39834859.html

  7. andrej

    Doch, Herr Schmidt, ich räume gern ein, „dass brave deutsche Bürger, die in der Folge des Schwarzen Freitags doch tatsächlich ausgerechnet das Vertrauen in in das private Bankwesen verloren hatten, eigentlich unter sowjetischen Verhältnissen leben wollten …
    Einige wollten sogar IN der SU leben. 2 oder 3 haben das soga überlebt. Viele allerdings nicht:
    Siehe „Wie Stalin deutsche Kommunisten verfolgte“
    http://www.wsws.org/de/2002/mar2002/stal-m01.shtml

    Ich nehme an, da Stalin, wie Goebbels, soviele brave Kommunisten metzelte, war er auch, wie Goebbels, ins Fleich gefärbter Anzikommunist?

    Und noch ne Frage: Nach Marx bestimmt doch das Sein das Bewusstsein, oder?
    Welches Bewusstsein sollte Hitler dann eigentlich entwickeln, nach einer Karriere als Asozialer in Wien, Rumtreiber in München, einer beeindruckenden Militärkarriere vom Gefreiten bis zum Gefreiten, und Mittellosigkeit nach dem Krieg?

    Schauen wir mal, was Jung Gröfaz daraus ableitete:
    „11. Abschaffung des Arbeits- und mühelosen Einkommens, Brechung der Zinsknechtschaft.

    12. Im Hinblick auf die ungeheuren Opfer an Gut und Blut, die jeder Krieg vom Volke fordert, muß die persönliche Bereicherung durch den Krieg als Verbrechen am Volke bezeichnet werden: Wir fordern daher restlose Einziehung aller Kriegsgewinne.

    13. Wir fordern die Verstaatlichung aller (bisher) bereits vergesellschafteten (Trusts) Betriebe.

    14. Wir fordern Gewinnbeteiligung an Großbetrieben.

    15. Wir fordern einen großzügigen Ausbau der Altersversorgung.

    16. Wir fordern die Schaffung eines gesunden Mittelstandes und seine Erhaltung, sofortige Kommunalisierung der Groß-Warenhäuser und ihre Vermietung zu billigen Preisen an kleine Gewerbetreibende, schärfste Berücksichtigung aller kleinen Gewerbetreibenden bei Lieferung an den Staat, die Länder oder Gemeinden.

    17. Wir fordern eine unseren nationalen Bedürfnissen angepaßte Bodenreform, Schaffung eines Gesetzes zur unentgeltlichen Enteignung von Boden für gemeinnützige Zwecke. Abschaffung des Bodenzinses und Verhinderung jeder Bodenspekulation.

    18. Wir fordern den Rücksichtslosen Kampf gegen diejenigen, die durch ihre Tätigkeit das Gemeininteresse schädigen. Gemeine Volksverbrecher, Wucherer, Schieber usw. sind mit dem Tode zu bestrafen, ohne Rücksichtnahme auf Konfession und Rasse.[…]

    20. Um jedem fähigen und fleißigen Deutschen das Erreichen höherer Bildung und damit das Einrücken in führende Stellung zu ermöglichen, hat der Staat für einen gründlichen Ausbau unseres gesamten Volksbildungswesens Sorge zu tragen.“
    http://www.dhm.de/lemo/html/dokumente/nsdap25/index.html

    Verstaatlichung, Bodenreform, Bildung für Alle, klingt ja wie bei Chavez:

    „Besonders kritisiert wurde von Oppositionellen die Verstaatlichung der Ölindustrie, die Beschränkung der Autonomie der Zentralbank, die Entmachtung der Regionen sowie eine Bildungs- und die Bodenreform.“
    http://derstandard.at/1285199106867/Nachlese-Opposition-versucht-es-geeint-gegen-Hugo-Chavez

    Aber vlt. ist Chavez ja ein Rechtsextremer…

  8. Thilo Schmidt

    @andrej

    Zu Ihrem vorletzten Kommentar: Ihre Ausführungen zur Wirtschaftspolitik der Nationalsozialisten sind gerade KEIN Argument dafür, dass das Dritte Reich ein sozialistischer Staat gewesen wäre. Im Einzelnen:

    1. DASS die Nazis einen Vierjahresplan aufgestellt hatten, heißt nicht, dass sie die kapitalistische Konkurrenz von Privatunternehmen aufgehoben hätten: In Ihrem Zitat steht ja, dass die Privatwirtschaft gezwungen wurde, den staatlichen Vorgaben Folge zu leisten; mit anderen Worten: Es gab kapitalistische Unternehmen, das Privateigentum an Produktionsmittel war gerade nicht aufgehoben worden, die Wirtschaft war immer noch etwas, was getrennt vom Staat existierte. Das war in der Sowjetunion alles nicht der Fall: Dort wurde in einem Vierjahresplan festgelegt, welche Leistungen die diversen Staatsbetriebe zu erbringen hatten; und diese Staatsbetriebe waren in ihrer Gesamtheit die Sowejetökonomie! Es gab in der UdSSR keine neben den Staatsbetrieben stehenden, kapitalistisch wirtschaftenden Privatunternehmen.

    2. DASS es in einem Land Staatsbetriebe gibt, ist kein Argument dafür, dass dieses Land nicht kapitalistisch wäre. Oder wollen Sie im Ernst behaupten, dass die schiere Existenz von Deutscher Bundespost und Deutscher Bundesbahn DER Beleg dafür sei, dass es sich bei der alten BRD um ein sozialistisches Gemeinwesen gehandelt hätte? – Stellen Sie Sich doch lieber mal die Frage, warum Staaten, die eine kapitalistische Gesellschaft betreuen, sich in besonderen Fällen nicht auf die Konkurrenz der Privaten verlassen, sondern lieber selbst tätig werden und gewisse Güter / Dienstleistungen bereitstellen … Hierzu nur in aller Kürze: Gewisse Güter können von Privaten nicht produziert werden, weil sie eine Kapitalgröße erfordern, die von diesen nicht erbracht werden kann; und bevor ein Staat wie die damalige BRD auf ein funktionales, flächendeckendes Eisenbahnnetz, also eine der infrastrukturellen Grundvoraussetzungen einer kapitalistischen Wirtschaft, verzichtet, wird er lieber selbst tätig. Des Weiteren gibt es – wir reden hier schließlich von STAATEN – strategische Gesichtspunkte, die einen Staat dazu bewegen, eigene Betriebe zu schaffen. – Die NS-Kriegswirtschaft ist dafür ein gutes Beispiel: Wie Sie wissen war der Großdeutsche Eroberungsfeldzug nicht irgendein Projekt der Nazis, sondern DAS Großprojekt des Dritten Reiches. – Und da haben Hitler und Konsorten offensichtlich nicht den Standpunkt vertreten, dass ihre Rolle als souveräne Machthaber doch darin bestünde, die Wirtschaft in Ruhe zu lassen und ängstlich zu hoffen, dass die Konkurrenz der Privaten die kriegsnotwendigen Leistungen am Ende schon irgendwie erbringen würde … Und im Übrigen haben die Nazis ja noch nicht einmal in der Schwerindustrie die kapitalistische Konkurrenz aufgehoben: Das Gegenteil war der Fall, und steht sogar in dem von Ihnen aufgeführten Zitat: Die Großindustriellen haben durch den neuen Staatsbetrieb einen unliebsamen Konkurrenten bekommen! – Anstatt also den Kampf um Profit aufzuheben und nach Plan zu wirtschaften, haben die Nazis mit ihrem staatseigenen Großbetrieb der Konkurrenz der Privaten erst so richtig Beine gemacht … Und das soll Sozialismus sein? Zudem wissen Sie doch auch, dass es reihenweise Unternehmen im Dritten Reich gegeben hat, die gerade im Rahmen der nationalsozialistischen Kriegswirtschaft wunderbar verdient haben. – Der vor zehn Jahren geschaffene Fonds zur Entschädigung ehemaliger Zwangsarbeiter war zur Hälfte von Unternehmen gefüllt worden, die im Dritten Reich mit dem Einsatz von nun wirklich unschlagbar billigen Arbeitskräften, ganz ohne sozialstaatliche oder gewerkschaftliche „Gängelung“ dicke Profite erwirtschaftet hatten …

    Also: Die Nazis haben mit den Hermann-Göring-Werken schlicht und ergreifend eine Ausnahme von einer Regel geschaffen, deren Geltung sie
    sie nie in Frage gestellt, sondern im Gegenteil mit ihrer Staatsgewalt aufrecht erhalten und garantiert haben. – Das ist alles.

    3. Dass kapitalistische Unternehmen über staatlliche Aufsicht nicht jubeln, ist bekannt. Dass dieselben Unternehmen ohne staatliche Betreuung auch nur einen Fuß vor den anderen bekämen, ist allerdings ein Märchen. Ich will hier gar nicht von den ganzen notwendigen Voraussetzungen sprechen, die das Kapital benötigt, aber nicht zu erbringen vermag, sondern lieber gleich auf den zentralen Punkt kommen: Der Staat sorgt mit den Mitteln, über die er als Gewaltmonopolist verfügt, dafür, dass das Rechtsinstitut des Privateigentums Bestand hat. – Und das ist DIE Voraussetzung der ganzen kapitalistischen Produktionsweise … Ansonsten können Sie Sich natürlich auch einmal den Spaß machen und überlegen, wo überall kapitalistische Unternehmen auf Leistungen der Staatsmacht angewiesen sind … Wenn DIHT- und BDI-Chefs „weniger Staat“ fordern, meinen sie bestimmt nicht, dass sie keine an staatlichen Schulen und Universitäten ausgebildeten Arbeitskräfte mehr haben wollen, oder dass deutsche Außenpolitiker endlich einmal aufhören sollten, der deutschen Exportindustrie Märkte zu öffnen … Manche Leute wollen eben Pizza aber nicht diesen widerlich trockenen Rand.

    4. Anhänger der Nazis hatten also auf eine Verstaatlichung des Bankwesens gehofft; und das halten Sie für einen Umstand, der mich in gehörige Erklärungsnöte bringen müsste. – Auch hier gilt wieder: Sie belassen es bei Andeutungen und langsam beschleicht mich der Verdacht, dass Sie das tun, weil Sie einerseits nicht gewillt sind, den ja auch wirklich nicht sehr vorzeigbaren Schluss selbst zu ziehen (den Schluss nämlich, dass brave deutsche Bürger, die in der Folge des Schwarzen Freitags doch tatsächlich ausgerechnet das Vertrauen in in das private Bankwesen verloren hatten, eigentlich unter sowjetischen Verhältnissen leben wollten …), andererseits aber auch nicht von Ihrer fixen Idee lassen wollen, dass der Nationalsozialismus ein nicht-bürgerliches, anti-kapitalistisches oder sonstwie sozialistisches Gemeinwesen gewesen sei.

    Wie gesagt: Geben Sie mal Butter bei die Fische, werden Sie explizit und versuchen Sie vor allem mal auf die grundsätzliche politisch-ökonomische Ebene zu kommen und nicht immer nur mit irgendwelchen mehr oder weniger banalen Einzelsachverhalten aufzuwarten.

    Zu Ihrem letzten Kommentar:
    Hier fallen Sie eindeutig hinter alles zurück, was hier bisher besprochen worden ist: Goebbels hatte also Neunzehnhundertkeks Sympathien für den Kommunismus und hielt Hitler für ein bourgeoises Bürschchen … Ich hoffe, dass ich Ihnen nichts Neues verrate, wenn ich Ihnen sage, dass der Mann nicht dabei geblieben ist: Den Kommunismus wollte er in späteren Jahren mit Stumpf und Stiel ausrotten und seinen Führer hat er auch noch zu lieben gelernt …

    Da war sogar Ihr mit bedeutungsschwangeren Geigenklängen unterlegter Hinweis auf Mussolinis sozialistische Vergangenheit, wenn auch nicht besser (geschweige denn überzeugender), so doch zumindest weniger läppisch: DER Mann war immerhin Chefredakteur des Avanti und Funktionär des PSI gewesen, und hat nicht nur sein Tagebuch vollgemacht …

    „Tja, was soll man daraus schließen?“ – Wenn Ihnen dazu etwas einfällt, dann sagen sie es einfach! Ich kann mich hier nur wiederholen: WERDEN SIE EXPLIZIT! – Das ist nicht so schwer …

    Und wenn Sie darauf schon keine Lust haben, dann verraten Sie mir doch bitte wenigstens, warum Sie meine Kritik an Ihrer insinuierenden Parallelenzieherei nicht überzeugt hat.

  9. andrej

    Aber ich bin ja nett, und helfe Ihnen ein wenig.
    Niemand wird anzweifeln, dass Goebbels ein Nazi war. Ganz weit rechts aussen also. Und was dachte der spätere Propagandaminister so:
    „“Sozial oder sozialistisch, für uns ist die Wahl nicht schwer“, schrieb der junge Nationalsozialist 1925: „Lieber mit dem Bolschewismus den Untergang, als mit dem Kapitalismus ewige Sklaverei.“ Den „kleinen Bourgeois Adolf Hitler“ hätte er am liebsten aus der Partei ausgeschlossen.“
    http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-13520509.html
    Und ein bisschen früher:
    „Er las Karl Marx’ „Kapital“ und war von dessen Schilderung der Arbeitsverhältnisse in England beeindruckt. Nach Dostojewskij-Lektüre schwärmte er für das „heilige Russland“. Und schrieb Passagen wie: „Der Kommunismus. Judentum. Ich bin deutscher Kommunist.“
    http://www.profil.at/articles/1045/560/281723/joseph-goebbels-der-fanatiker
    Tja, was soll man daraus schliessen?

  10. andrej

    Fangen wir mal mit jemandem an, über den wir uns nicht streiten brauchen: Lenin, eindeutig ein Linker:

    „Statt der von Marx empfohlenen Produktion durch Arbeitergenossenschaften nahm sich Lenin den Staatskapitalismus der deutschen Kriegswirtschaft zum Muster und nannte — in seiner Schrift „Staat und Revolution“ — als Vorbild für den idealen sozialistischen Betrieb die Deutsche Reichspost. „

    http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-46196327.html

    Die deutsche Wirtschaft des WK I also als Vorbild für die Kommunisten in Russland, und dann:

    „Adolf Hitlers geheime Denkschrift vom August 1936 zum „Vierjahresplan“ umriss programmatisch das Ziel, Wirtschaft und Armee innerhalb von vier Jahren in Kriegsbereitschaft zu versetzen. Unter der Leitung des Beauftragten für den Vierjahresplan, Hermann Göring, wurde die private Wirtschaft gezwungen, sich den Erfordernissen anzupassen. Staat und Partei griffen durch verordnete Programme dirigierend in den Produktionsprozess ein“

    Ein Vierjahresplan? Sollte da die sowjetische Wirtschaft als Vorbild für die Nazis gedient haben? Gab es dann auch so was wie die Staatsbetriebe in der SU?
    „Mit der Bildung der Reichswerke „Hermann Göring“ besaß der Staat Betriebe der Schwerindustrie, und auch die Schutzstaffel (SS) verfügte über eigene Unternehmen.“

    „Am 13. Mai 1938 erfolgt in Linz-St. Peter der Spatenstich für die Reichswerke Aktiengesellschaft für Erzbergbau und Eisenhütten „Hermann Göring“ als Tochtergesellschaft der 1937 in Berlin gegründeten Reichswerke. […]
    Im März 1939 verkauft die Vereinigte Stahlwerke AG in Düsseldorf unter starkem politischen Druck 56 Prozent des Aktienkapitals der Österreichisch-Alpine Montangesellschaft an die Reichswerke Hermann Göring „
    http://www.voestalpine.com/group/de/konzern/historie/1938-1945.html
    Starker politischer Druck, damit ein Betrieb an den Staat geht? Kommt Ihnen das aus der
    kommunistischen Welt bekannt vor?

    „Die Reichswerke Hermann Göring waren neben der I.G. Farben und der Vereinigte Stahlwerke AG der größte deutsche Konzern im Dritten Reich. […]
    Die Hermann-Göring-Werke waren ein Staatskonzern, denn 90 Prozent der Stammaktien hielt das Reich, vertreten durch das Reichswirtschaftsministerium. Für die klassischen Ruhrindustriellen war dieser Konzern eine wirtschaftliche Konkurrenz, deren Gründung sie bekämpften. „
    http://de.wikipedia.org/wiki/Reichswerke_Hermann_G%C3%B6ring

    Verstaatlichte Schwerindustrie: Na, wenn das nicht linke Politik ist, dann das hier auch nicht:
    „Die Stamokap-Fraktion (Staatsmonopolistischer Kapitalismus) war stark marxistisch geprägt. Sie lehnten den reformistischen Ansatz fundamental ab und forderten eine Verstaatlichung der Schlüsselindustrien „
    http://www.jusos-birkenfeld.de/jusosimkreisbirkenfeld/jusogeschichte/index.html

    Und wo wir schon bei Verstaatlichungen sind:
    Heute: „Beim politischen Aschermittwoch forderte der Fraktionschef der Linken, alle großen Banken zu verstaatlichen. „
    http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,609851,00.html
    Damals:
    „Das nationalsozialistische Regime hat die privaten Banken nicht verstaatlicht, wie viele Anhänger erwarteten und einige Banker befürchteten, sondern hat mit dem Kreditwesengesetz von 1934 die differenzierte Bankenlandschaft mit privaten Banken, öffentlichen Banken, insbesondere den kommunalen Sparkassen, und Genossenschaftsbanken bestätigt. Allerdings wurde das Bankwesen einer strikten Regulierung und Kontrolle durch das Reich und die Reichsbank unterworfen. „
    http://www.h-net.org/reviews/showrev.php?id=20382

    „Das KWG unterstellt sämtliche Kreditinstitute und Kreditinstitutsgruppen einer staatlichen Bankenaufsicht „
    http://www.economia48.com/deu/d/kreditwesengesetz-kwg/kreditwesengesetz-kwg.htm
    Staatliche Aufsicht, der Traum jedes Kapitalisten…

    Bleibt die Frage: Warum nur haben „viele Anhänger erwartet“, dass die Nazis Banken verstaatlichen? Das dürfen Sie beantworten…

  11. Thilo Schmidt

    Mir ging es nur darum, dass es sich bei dem Bombardement um eine Handlung des japanischen Staates handelte und nicht um eine Gemeinschaftsaktion aller japanischstämmigen Erdenbewohner … Aber Sie haben natürlich recht, wir sollten die Debatte auf die entscheidenden Punkte beschränken.

  12. andrej

    Oh mein Gott…Haben Sie schon Medaillen für Haarspalterei gewonnen?
    Nicht „die“ Japaner lass ich ja noch durchgehen…aber
    „von Teilen der japanischen Luftwaffe ins Werk gesetzt“? Von Teilen also…
    Wo waren die anderen Teile der japanischen Luftwaffe denn (mal abgesehen davon, dass es die japanische Marine war…)? Auf ’nem Ostermarsch?

  13. Thilo Schmidt

    @andrej

    Natürlich nicht. – Es ging um die militärischen Auseinandersetzungen zwischen Israel und den sowjetischen Verbündeten im Nahen Osten (Stichwort Kalter Krieg …). Was die Absurdität des Vergleiches anbelangt, so möchte ich folgendes zu bedenken geben: Es waren nicht „die“ Japaner, die Pearl Harbor bombardierten, sondern dies wurde auf Befehl der japanischen Regierung von Teilen der japanischen Luftwaffe ins Werk gesetzt. Die Internierten hingegen lebten teilweise seit Jahrzehnten in den USA und besaßen die US-amerikanische Staatsbürgerschaft; ihr ganzes Vergehen bestand also in ihrer japanischen Herkunft (die sie sich nicht ausgesucht hatten). – Die Gemeinsamkeit der beiden Fälle besteht also darin, dass Angehörige eines Kollektives, lediglich weil sie solche sind, als Parteigänger der Ziele und Maßnahmen der politischen Führung dieses Kollektivs verdächtigt und schikaniert werden. Die US-amerikanische Regierung meinte, dass jemand mit japanischen Großeltern gewissermaßen von Natur aus gar nicht anders könne, als (zumindest heimlich) dem japanischen Expansionismus im Pazifik-Raum die Daumen zu drücken und deswegen auch zu Sabotageakten o.ä. aufgelegt sein dürfte. Auf der anderen Seite meinten die Führungen einiger realsozialistischer Länder, dass Angehörige des Judentums als eben solche gar nicht anders könnten, als dem regionalen Verbündeten der feindlichen Weltmacht in Nahost, Israel, die Treue zu halten, also Parteigänger eines Feinds des realsozialistischen Lagers zu sein und womöglich zu dementsprechenden Taten aufgelegt zu sein … Dieser Blick auf Großkollektive ist für Staatsgewalten also alles andere als untypisch.

  14. andrej

    Ich antworte mal bröckchenweise, weil der leere Kühlschrank noch gefüllt
    werden muss.
    Sie reden von einer „temporären Kampagne gegen eine Bevölkerungsgruppe zu tun, deren Mitglieder von der Staatsmacht verdächtigt werden, einer feindlichen Macht die Treue zu halten. – Insofern war die antisemitische Kampagne nach dem Sechstagekrieg vergleichbar mit der Internierung japanisch-stämmiger US-Bürger während des Zweiten Weltkrieges.“
    In plain English: Der Vergleich ist absurd! Aber völlig! Die Japaner haben versucht, die amerikanische Pazifikflotte zu versenken. Hat Israel die Rote Flotte versenkt? Angegriffen? Odessa bombardiert? Wladiwostok? Murmansk? Oder wenigstens ’nen albanischen Fischkutter?

  15. Thilo Schmidt

    @andrej

    1. „Sie widersprechen sich ja selbst …“ – Nein: Was Ruth Fischer 1923 gesagt hat ist eine Sache. – Wenn Sie meinen Auslassungen dazu widersprechen wollen, tun Sie das. Was 45 Jahre später im Ostblock passierte, ist eine andere Sache, die für sich erklärt werden muss. Worauf es mir an der Stelle ankam, ist folgender Unterschied: Im einen Fall hat man es mit einer temporären Kampagne gegen eine Bevölkerungsgruppe zu tun, deren Mitglieder von der Staatsmacht verdächtigt werden, einer feindlichen Macht die Treue zu halten. – Insofern war die antisemitische Kampagne nach dem Sechstagekrieg vergleichbar mit der Internierung japanisch-stämmiger US-Bürger während des Zweiten Weltkrieges. Im anderen Falle hingegen hat man es mit einer Politik des Völkermordes zu tun, die die praktische Konsequenz aus dem Gedanken ist, dass staatsfeindliches und volksschädigendes Verhalten zur biologischen Grundausstattung der Angehörigen der zur Rasse umdefinierten jüdischen Glaubensgemeinschaft gehöre.

    2. Ihre Annahme, dass die Nazis KEINE kapitalistische Finanz- und Wirtschaftspolitik betrieben hätten, halte ich aus folgendem Grund für verkehrt: Die Frage, ob eine Gesellschaft kapitalistisch wirtschaftet oder nicht, entscheidet sich an der grundsätzlichen Art und Weise, wie diese Gesellschaft ihre Reichtumsproduktion organisiert: Wer befindet sich im Besitz der Produktionsmittel? Worin besteht der Zweck der Produktion? – Das sind die entscheidenden Fragen. Im Falle des Dritten Reiches lauten die Antworten hierzu wie folgt: Das Rechtsinstitut des Privateigentums hatte auch zwischen 1933 und ’45 Bestand, die Produktionsmittel befanden sich in den Händen von privaten Eigentümern und der Zweck des Wirtschaftens unterm Hakenkreuz war derselbe, wie in der Zeit davor und danach: Es ging um die Vermehrung von privatem Geldreichtum. – Wenn das nicht Kapitalismus ist, was dann?

    Die von Ihnen als Indizien bemühten politischen Maßnahmen wie Sozialstaatsausbau, Staatsverschuldung, Ausbau der Bürokratie sind denn auch weder Anschläge auf den Kapitalismus, noch Beweise dafür, dass ein solcher im Dritten Reich unmöglich vorgelegen haben könne, sondern schlicht und ergreifend Standardinstrumente aus dem Werkzeugkasten kapitalistischer Staatspolitik; politische Maßnahmen, die kapitalistische Staaten ergreifen, wenn sie sie für opportun halten. Das jeweilige Gegenteil – Sozialstaatsabbau, Abbau der Staatsschulden, Bürokratieabbau … – gehört ebenfalls zum Arsenal und wird bei Bedarf angewendet. – HIERAN entscheidet sich nicht die Systemfrage. [Und wer glaubt, dass sie das täte, hat sich ein herrliches Rezept zum Irrewerden ausgestellt: War Ronald Reagan Antikapitalist, weil er die Staatsverschuldung in die Höhe trieb und die Steuern erhöhte? Ist Gerhard Schröder gar kein echter Sozialdemokrat, weil er die Agenda 2010 auf den Weg brachte und den Langzeitarbeitslosen die Bezüge zusammenstrich? – Bevor man sich über derlei Unsinnsfragen den Kopf zerbricht, sollte man doch besser Sudoku spielen …]

    3. Ihnen muss doch selber auffallen, dass diese Manier des insinuierenden Parallelenziehens unter analytischen Gesichtspunkten extrem schwach auf der Brust ist:

    – Die Nazis haben aufgerüstet und die Sowjets auch. – Ja, und? Die NATO-Staaten verfügen über das größte Arsenal an Vernichtungsmitteln, das es in der Menschheitsgeschichte bisher gegeben hat. – Was soll jetzt daraus folgen?

    – Genauso Ihre Schacht-Möller-Parallele: Im Dritten Reich tritt ein Finanzminister zurück, weil er die von der Regierung gewollte Finanzpolitik nicht mittragen will, Jahrzehnte später tritt ein anderer Finanzminister einer anderen deutschen Regierung zurück, weil er mit deren Finanzpolitik nicht einverstanden ist. – Was wollen Sie damit eigentlich sagen?

    – Eine andere von Ihnen bemühte Parallele ist gar keine: Im Dritten Reich wird die Tarifautonomie aufgehoben und die Gewerkschaften werden verboten, heute wird über den Mindestlohn debattiert. – Ist das für Sie wirklich das Gleiche?

    Nehmen Sie die Aufforderung aus meinem letzten Kommentar doch einmal ernst und betreiben Sie ihr „Hier wie dort“-Spiel uneingeschränkt, ohne vorab festgelegte Einschränkung auf bestimmte Bereiche des politischen Spektrums. – Ich verspreche Ihnen, sie werden da Entdeckungen machen …

    Wenn ich es mir recht überlege, sollten Sie das vielleicht doch besser sein lassen und stattdessen einfach mal klipp und klar sagen, warum Sie meinen, dass Hitler und Konsorten dem linken Lager zuzurechnen seien. – Eine Debatte über diese Gründe wäre ergiebiger, als eine Auseinandersetzung über aus den Tiefen des Internets gefischte vermeintliche historische Parallelen.